Michael Neuhold Homepage
Startseite > Lateinische Grammatik > AcI

AcI (Accūsātīvus cum Īnfīnītīvō)


Von einem Verb hängen ein (Obj.-)Akk. und ein (Obj.-)Inf. ab (vgl. doppelter Akk.):

Videō patrem venīre. Ich sehe den Vater kommen. Ich sehe, daß der Vater kommt.
Putō patrem venīre. (Ich glaube den Vater kommen.) Ich glaube, daß der Vater kommt.
(vgl. Engl.: I see him come. I believe him to come.)

1. Übersetzung

Übersetzt wird der AcI durch einen daß-Satz. Der Akk. wird zum Subj., der Inf. zum Präd. des dt. Gliedsatzes. Die Zeitstufe des Inf. drückt das Zeitverhältnis zum übergeordneten Verb (= von dem der AcI ausgelöst wird) aus:

Inf. Präs.: gleichzeitig Inf. Perf.: vorzeitig Inf. Fut.: nachzeitig
venīre. kommt.
Sciō eumvēnisse. Ich weiß, daß ergekommen ist.
ventūrum esse. kommen wird.

2. Auslöserverba des AcI

a. Verba sentiendī (Vb. d. Wahrnehmung)

sehen, hören, glauben, erkennen, wissen, hoffen u.ä.

Bei den Verba der Sinneswahrnehmung kann auch ein Akk. mit Part. (AcP) stehen:
Videō puellās lūdentēs. Ich sehe die Mädchen spielen. Ich sehe, wie die Mädchen spielen.

b. Verba dīcendī (Vb. d. Mitteilung)

sagen, antworten, erzählen, melden, überliefern, versprechen, überzeugen u.ä.

Hängt von einem vb. dīcendī ein Begehren ab, steht ut-Satz:
Māter dīxit, ut patrem adiuvārem. Mutter sagte, daß ich Vater helfen soll.

c. Verba affectūs (Vb. d. Gemütsregung)

sich freuen, bedauern, sich wundern, beklagen u.ä.
Bei diesen Vb. kann statt des AcI auch ein quod-Satz stehen.

Nach timeō, vereor, metuō sich fürchten steht -Satz.

d. einige Verba des Begehrens

cupiō wünschen, studeō sich bemühen, volō/nōlō/mālō wollen/nicht w./lieber w.:
bei Subjektsgleichheit (d.h. Subjekt des Auslöserverbums und des Inf. sind gleich) wie im Dt. mit bloßem Inf.:
Prīmus esse volō. Ich will erster sein.

iubeō befehlen, vetō verbieten, sinō, patior zulassen:
im Dt. meist mit Inf.-Fügung wiederzugeben:
Iubeō tē venīre. Ich befehle dir zu kommen (wörtl. daß du kommst).

Nach imperō befehlen, optō wünschen usw. steht ut-/nē-Satz!

e. unpersönliche Ausdrücke

es steht fest, es ist besser, es ist erlaubt, es ist unwahrscheinlich, es ist notwendig u.ä.

Besonderheiten

a. Der passive (und bei fehlendem Part. Fut. auch der aktive) Inf. Fut. wird meist umschrieben mit fore (oder futūrum [esse]), ut + Konj. Präs./ Imperf. (wörtl. daß es sein wird, daß):
Spērō fore, ut adiuvēmur. Ich hoffe, daß uns geholfen werden wird.

b. Unterschiedliche Bedeutung bei verschiedener Konstruktion haben z.B.:

persuādeō moneō concēdō videō
+AcI (Tatsache) überzeugen erinnern zugeben sehen
+ut/nē (Begehren) überreden ermahnen erlauben darauf achten

c. Sextus in perniciem incurrere videt. Sextus sieht sich ins Verderben rennen. Sextus sieht, daß er ins Verderben rennt.
Ille putat beātum esse. Jener glaubt, daß er glücklich ist. Jener glaubt, glücklich zu sein.
Mit Bezug auf das Subj. des übergeordneten Verbums steht in der 3. Pers. das Refl.-Pron. (sog. indirektes Reflexiv), es wird im dt. daß-Satz durch das Pers.-Pron. der 3. Pers. wiedergegeben. (Gilt auch für Begehr-, Final-, abh. Fragesätze und Sätze mit coni. obl.)


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Änderung: 25. Dez. 2016