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Ostern


Das Wort für Ostern kommt in den roman. und den meisten germ. Sprachen von lat. pascha < griech. πάσχα pas-cha < aram. פַסְחָא pasḥa < hebr. פֶסַח pesaḥ „Passahfest“: it. Pasqua, frz. Pâques, got. pāska, schwed. påsk, niederl. pasen usw. (Jesus ist während des jüd. Passahfestes gestorben und auferstanden, daher bekam für die ersten - jüd. - Christen das Passahfest zugleich die Bedeutung der Feier der Auferstehung Jesu.)

Auch russ. Пасха pas-cha, doch in den meisten anderen slaw. Sprachen heißt Ostern soviel wie „große Nacht“ – tschech. Velikonoce, slowen. Velikanoč – oder „großer Tag“ – bulgar. Великден Velikden. Eine Ausnahme ist serbokroat. Ускрс/Uskrs, das von uskrsnuti „auferstehen“ hergeleitet ist.

Dt. Ostern (heute meist n., ahd. ōstarun f. pl.) und engl. Easter wurden früher zurückgeführt auf eine germ. Frühlingsgöttin, von Beda Venerabilis (8. Jh.) als aengl. Ēostre überliefert, von Jacob Grimm (19. Jh.) als ahd. *Ostara rekonstruiert.

Eostur-monath, qui nunc paschalis mensis interpretatur, quondam a dea illorum, quae Eostre vocabatur, et cui in illo festa celebrabant, nomen habuit, a cuius nomine nunc paschale tempus cognominant, consueto antiquae observationis vocabulo gaudia novae solemnitatis vocantes. Der Eostur-monath (=April), der jetzt als Passahmonat (d.h. Ostermonat) übersetzt wird, hatte seinen Namen einstmals von einer Göttin jener (=der Angeln), die Eostre genannt wurde und der sie in jenem (Monat) Feste feierten; mit ihrem Namen benennen sie jetzt die Osterzeit, wobei sie mit dem gewohnten Wort der alten Verehrung die Freuden der neuen Feierlichkeit bezeichnen.
Beda Venerabilis, De temporum ratione, Kap. 15. Hrsg. v. J. P. Migne, Patrologia Latina 90, Paris 1904. Buchscan, Archive.org. Kap. 15 als e-Text bei monumenta.ch.

Dieser Name wurde in Zusammenhang gebracht mit griech. ἕως héōs (hom. ἠώς ēṓs) „Morgenröte“ < *ᾱ̓ϝώς < *ᾱ̓υhώς < *āusṓs, lat. aurōr-a (< *ausōs-a) ds., agerm. *austrō ds. Die zugrundeliegende Wurzel ist idg. *au̯es- „leuchten“ (Pokorny S. 86). Eostre wäre also eine Göttin des zunehmenden Lichtes gewesen. Allerdings ist eine solche Göttin in nordischen Texten nirgends belegt. Ostara wird heute von vielen als Konstrukt der Romantik und Bedas Nennung der Eostre als bloße Mutmaßung oder Irrtum abgelehnt.

Andere Erklärungsmöglichkeiten leiten Ostern her von der Gewohnheit der alten Kirche, neue Gläubige am Ostermorgen zu taufen. Ostern kommt dann von Osten, was etymolog. ebenfalls mit der Morgenröte zusammenhängt (Himmelsrichtung der Morgenröte, des Sonnenaufgangs): germ. *austa-, vgl. lat. auster „Südwind, Süden“ (wegen Änderung der Orientierung).

Nach anderen kommt es vom nordgerm. austr „begießen“ (bei der Taufe).

Nach Knobloch ist es eine Lehnübers. der lat. Bezeichnung der Woche nach Ostern als albae „die weißen (Gewänder der Neugetauften)“, was nach dem Untergang des Wortes lat. albus „weiß“ im Roman. (stattdessen frz. blanc, it. bianco usw. < germ. *blank) verstanden wurde als „bei Tagesanbruch“ wegen mlat. alba = frz. aube, it. alba „Morgendämmerung“.

Quellen und Diskussion:


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 3. Jan. 2017