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Mein Senf


Manchmal kann ich mich nicht zurückhalten: ich muss einfach meinen Senf dazugegen; auch wenn ich mich damit als Würstchen oute.
Teilweise habe ich meinen Senf in Was gibt es Neues? abgedrückt, aber nicht jeder, der wissen will, was sich an meinen Seiten geändert hat, ist erpicht auf meine Kommentare zur aktuellen Lage. Daher habe ich das jetzt hierherverschoben.

16. März 2024: Erdrutsch mit Ansage

Das war mal ein ungewöhnliches Ergebnis: nicht die Rechtspopulisten mit ihren hohlen Sprüchen von Heimat, Eigentum usw. haben bei den Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen einen erdrutschartigen Erfolg eingefahren, sondern die KPÖ+. Mit 23,1 % haben sie selbst die Partei des Amtsinhabers Harald Preuner überholt und sind zweitstärkste Fraktion geworden. Wobei dieser Erfolg nicht überraschend kam, sondern von allen politischen Beobachtern mehr oder weniger erwartet worden war. (Wahlgewinner war übrigens die SPÖ mit 25,6 %.)

Und er kam zurecht, denn die regierende ÖVP glänzt durch Realitätsleugnung. In einem Radiointerview zum Wahlerfolg der KPÖ (gesendet am Do 14.03. auf Ö1) behauptete LH Haslauer allen Ernstes, in Salzburg gäbe es keine Wohnungsnot. Wie abgehoben kann man eigentlich sein? Sicher: wer monatlich 2000 bis 3000 € für eine Wohnung hinblättern kann, wird schon eine finden – aber nicht jeder hat das Salär eines Landeshauptmanns. Ich bin zwar kein Kommunist, aber ein bisschen Enteignung (wovor ÖVP-Kandidat Kreibich auf seinen Wahlplakaten gewarnt hatte) würde dieser Stadt der Bonzen und ihrer Festspielwohnungen ganz gut tun. Aber sie wird wohl auch mit einem Bürgermeister Dankl nicht stattfinden.

1. März 2024: Unsere Regierung

Welcher türkise Voll*piep* hatte denn diese *piep* Idee, Häuslbauer beim Erwerb von Hauseigentum großzügig aus dem Steuertopf zu unterstützen? Kleine Hackler, die oft nicht mehr wissen, wie sie ihre Wohnungsmieten stemmen sollen, sollten mit ihren Steuergeldern mithelfen, dass sich (türkise?) Bonzen irgendwo eine dritte Hütte hinstellen können? (Weil das Chalet am Mittelmeer war teuer genug.) Oder wie war das gedacht?

Und der grüne Vizekanzler hat wieder vornehm geschwiegen. Er meldet sich nur zu Wort, wenn er weiß, dass ihm kein türkiser Widerspruch droht. Wie jüngst, als ein paar illuminierte Rapidler die Anhänger des lokalen Konkurrenzvereins als Homosexuelle verunglimpft haben. Da rückt der Herr Sportminister aus, um lautstark die österreichische Wokeness zu verteidigen. Beim Thema Reduktion des Bodenverbrauchs (abgewürgt von türkisen Landeshauptleuten) tritt er schon viel leiser auf.

17. Feb. 2024: Wir trauern / 2.

Nun hat Putin Nägel mit Köpfen gemacht: nach Jewgeni Prigoschin (der allerdings selber kein Engel war) hat er nun auch Alexei Nawalny über die Klinge springen lassen. Denn nichts hassen Despoten mehr als Widerspruch und Kritik. Auch wenn die reale Macht der Kritiker wie im Falle Nawalnys gleich Null ist. Ob das Opfer Nawalnys (nämlich nach Russland zurückzukehren, obwohl er damit rechnen musste, dass ihn dort die Staatsmaschinerie zermalmen würde) einen Sinn hatte, ist schwer zu beurteilen. Ich sehe ihn eher nicht. Aber seine Entscheidung ist zu respektieren und seine Konsequenz und sein Mut sind zu bewundern. Möge er in Frieden ruhen. Und nehmen wir uns seine Botschaft zu Herzen: „Das einzige, was es für den Triumph des Bösen braucht, ist, dass gute Leute nichts tun. Also seid nicht untätig.“

30. Dez. 2023: Wir trauern

Das Jahr 2023 geht zu Ende. Für mich persönlich war es kein schlechtes Jahr, aber international hat es den menschlichen Katastrophen eine neue hinzugefügt, das Massaker der Hamas und den anschließenden Krieg in Gaza.

Auch heuer wurden etliche Prominente vom Sensenmann gefällt: im Bereich der seichten Muse Tony Marshall (85), Jane Birkin („Je t'aime“) (76), Harry Belafonte (96), Tina Turner (83), Sinead O'Connor (56), Toto Cutugno („L'Italiano“) (80), Gordon Lightfoot („If you could read my mind“) (84), Roger Whittaker (87) (um dessen Tod erstaunlich wenig Aufhebens gemacht wurde, er wird m.E. unterschätzt);
im Bereich des Sports die Skirennläufer Rosi Mittermaier (72) und Andreas „Anderl“ Molterer (92);
bei den Schauspielern Gina „Nazionale“ Lollobrigida (95), Jedermann-Darsteller Peter Simonischek (76), Nadja Tiller (93), Helmut Berger (78), Elmar Wepper (79), Heidelinde Weis (83), Ingrid Steeger (76), Christian Quadflieg (78), Raquel Welch (82), Friends-Darsteller Matthew Perry (54), Bibiana Zeller (95), Joss Ackland (95), Ryan O'Neal (82);
an Künstlern weiters die Filmemacher Carlos Saura („Carmen“) (91) und Rainer Erler („Der Spot oder Fast eine Karriere“) (90), Komponist Ryuichi Sakamoto („Furyo – Merry Christmas, Mr. Lawrence“) (71), Opernsängerin Grace Bumbry (86), Komponist Friedrich Cerha (96), Kabarettistin Marie-Thérèse Escribano (97);
im Bereich der Politik „il Cavaliere“ Silvio Berlusconi (86), der zweimalige Staatspräsident Giorgio Napolitano (98), der einstige US-Außenminister Henry Kissinger (100), CDU-Politiker Wolfgang Schäuble (der mit dem Rollstuhl) (81), der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg (85), EU-Kommissionspräsident Jacques Delors (98); hier wäre auch Jewgeni Prigoschin (62) zu nennen, wie ich Jahrgang 1961, sein Tod war ziemlich vorhersehbar;
bei den Schriftstellern Milan Kundera („Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“) (94), Martin Walser (96);
und speziell in Österreich: Radiolegende und erster Ö3-Chef Ernst Grissemann (88).

Diese Liste sagt nichts aus über die Bedeutung der Nicht-Genannten, sie sagt etwas aus über mein Alter und meine Interessen. Die Liste der 2023 Verstorbenen auf BR24 nennt etwa Traute Lafrenz, Mary Quant und Ernst Huberty – sorry, noch nie von denen gehört. Meine Quellen:

Für 2024 hat IHS-Direktor Holger Bonin heute im Radio zumindest wirtschaftlich für Österreich einen vorsichtig positiven Ausblick gegeben. Was die internationalen Krisenherde betrifft, habe ich da weniger Hoffnung. 2024 wird es in Österreich Nationalratswahlen geben. Voraussichtlich wird das Land noch weiter nach rechts rutschen, wie das bereits in anderen europäischen Ländern passiert ist. (In Schweden wurden 2022 die Sozialdemokraten abgewählt, der konservativ-rechte Block unter Führung von Ulf Kristersson regiert seither; vor einem Monat gab es bei der niederländischen Parlamentswahl 23% für den Rechtspopulisten Geert Wilders.) Was mir mehr Sorgen bereitet, ist, dass Donald Trump Ende des nächsten Jahres vermutlich neuerlich zum Präsidenten der USA gewählt werden wird. Dann ist die NATO kaltgestellt und Europa muss zusehen, wie es selber militärisch klarkommt. Denn bei den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2024 in Russland sind positive Überraschungen nicht zu erwarten.

27. Nov. 2023: Missing S-Link

„Der Widerstand gegen sämtliche Infrastrukturprojekte ist in Salzburg ausgeprägt wie in keinem anderen Bundesland.“ Schreibt die Initiative Dafür in ihrem Hochglanzwerbeflyer zum Projekt S-Link in der Stadt Salzburg. Die Neigung zu extrem teuren, aber fragwürdigen Projekten ist es leider auch. Das beginnt mit dem Loch im Mönchsberg (heute Neutor genannt), das sich weiland (1764/65) der Baukommissär des Fürsterzbischofs Sigismund von Schrattenbach eingebildet hat. Eigentlich sollte der Mönchsberg zur besseren Verteidigung der Altstadt komplett in zwei Hälften geschnitten werden. Nicht zu vergessen das Loch im Kapuzinerberg, das uns zwar bisher erspart geblieben ist, aber das sicher nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben ist. Denn wenn Salzburg etwas nicht hat, dann ist es ein Verkehrskonzept.

Jetzt eine U-Bahn unter der Salzach. Wien hat eine U-Bahn, gibt es dort keine Staus auf den Straßen? Man höre morgens und abends den Ö3-Verkehrsfunk. Schützt der Besitz einer Zahnbürste vor Karies? Nein, man muss sie benutzen. Und daran wird es scheitern. Wie kriegt man weniger Verkehr in der Innenstadt? Die norditalienischen Städte machen es vor: Zona a traffico limitato. Ich würde gleich mit dem Neutor anfangen: nur noch Anrainer, Lieferanten, Busse, Taxis, Radfahrer, aus. Klar, dass die Alkolenkerpartei ÖVP dafür nicht zu haben ist. (Wer es schon vergessen hat: es war die ÖVP, die in den 90er Jahren maßgeblich die Senkung der Promillegrenze von 0,8 auf 0,5 jahrelang verhindert hat.)

14. Okt. 2023: Mad world

Die Berufshasser der Hamas haben über 1000 israelische Zivilisten massakriert. (Wie gestört muss man eigentlich sein, dass man so etwas über sich bringt?) Israel übt Vergeltung, und büßen muss es die Zivilbevölkerung von Gaza – was natürlich Teil des Kalküls der Hamas ist: man kann die Hamas nicht bekämpfen, ohne die Bevölkerung von Gaza zu bekriegen. Was mein Mitleid etwas dämpft: die Bewohner von Gaza haben die Hamas 2006 gewählt und sich damit für den kompromisslosen Dschihad entschieden. Man konnte damals schon wissen, dass das Folgen haben würde. (Und dass das zugleich die letzte Wahl sein würde, denn die Hamas sind Islamisten und Demokratie ist unislamisch.) Und wenn ein Jude einen Palästinenser tötet, dann schreien die Araber und ihre Sympathisanten Zeter und Mordio. Wenn aber ein Palästinenser einen Juden tötet, dann klatschen sie Beifall. Man hat auch jetzt nicht den Eindruck, dass es in der palästinensischen Welt ein Unrechtsbewusstsein in Bezug auf das verübte Massaker gibt. Die Welt ist krank und man möchte mit dem Propheten Jeremia rufen: „Heile du mich, HERR, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.“ (Jer 17,14).

30. Sep. 2023: Feminismusradio Ö1/ 2.

Die Suizidstatistik für Österreich weist seit Jahrzehnten eine deutlich höhere Selbstmordrate bei Männern als bei Frauen auf: in den letzten Jahren waren fast 80% aller Selbstmörder männlich. Das hat nie eine Sau gekratzt. Aber 2022 ist erstmals die Zahl weiblicher Suizide wieder angestiegen. Und das war dem Ö1-Mittagsjournal dann doch einen fünfminütigen Beitrag zum Thema Selbstmord wert. Die Zahl männlicher Suizide ist bereits 2021 wieder angestiegen, aber: nur tote Männer, wen juckt's? Wenn das nicht Sexismus ist, was dann? Merke: Sexismus ist okay, solange er sich gegen Männer richtet.

25. Aug. 2023: Feminismusradio Ö1

Liegt es nur am Sommerloch? Oder wieso mussten wir uns im heutigen Ö1-Mittagsjournal einen fast zehnminütigen Bericht darüber anhören, dass der Präsident des spanischen Fußballverbandes Luis Rubiales bei einer Siegerehrung ungefragt die Spielerin Jennifer Hermoso geküsst hat? Hermoso soll den Mann anzeigen, fertig. Was gibt es da groß zu berichten? Ist in China aktuell kein Fahrrad umgefallen? Oder ist das auch Teil des Feminismusradios Ö1?

Ö1 geriert sich ja in den letzten Jahren immer mehr als "woke" Medienplattform. Monatelang mussten wir plötzlich einen seltsamen Würgelaut in Wörtern wie „Politikerˀinnen“ anhören. Der Glottisschlag vor dem -innen sollte wohl die Versprachlichung des Gendersternchens sein. Wer hat die „ORF-Mitarbeiterˀinnen“ zu Vollziehern des feministischen Neusprech ernannt? (Seit kurzem gibt es neue ORF-interne Empfehlungen, wieder mit „-er und -erinnen“ zu gendern. Das ist immerhin eine Verbesserung.)

Jedesmal, wenn in Österreich eine Frau getötet wird, wird in Ö1-Nachrichten wieder über „Femizide“ lamentiert. Ja, es ist schlimm, wenn ein Mensch ermordet wird. Aber wieso ist das nur schlimm, wenn das Opfer eine Frau ist? Die Verbrechensstatistik zeigt, dass jedes Jahr in Österreich mehr Männer als Frauen ermordet werden. Aber ermordete Männer interessieren die Ö1-Macher offenbar nicht. Sie passen nicht in das feministische Opfer-Täter-Narrativ.

In einer Folge der Sendereihe Punkt eins wurde der kanadische Psychologe Jordan Peterson mehrmals in einem Atemzug mit dem machistischen Influenzer Andrew Tate genannt. Dass Peterson Wissenschaftler ist und seine Behauptungen auch untermauern kann, zählt nicht. Was zählt ist der Umstand, dass Peterson die Opferideologie des Feminismus nicht teilt und überdies genderkritisch ist. Ausgewogene Berichterstattung sieht anders aus.

12. Aug. 2023: Das soll „normal“ sein?

Kaum im Urlaub lese ich auf der ORF-News-Seite, Bundeskanzler Nehammer fordert, Bargeld in der Verfassung zu verankern. Was soll dieser Schwachsinn? Bargeld ist als gesetzliches Zahlungsmittel in der Eurozone gesetzlich festgeschrieben. Wenn die EU das Bargeld abschafft, kann in unserer Verfassung stehen, was will. Selbst wenn wir unsere eigenen Eurobanknoten drucken und -münzen schlagen würden, sie würden nur in Österreich gelten; in Freilassung oder Tarvis könnten wir sie uns in die Haare schmieren. Was kommt als nächstes? Das Verbot von Sandstürmen auf Schipisten? Warum weigern sich die ÖVP-Granden beharrlich, reale Probleme anzugreifen, und kämpfen stattdessen gegen Scheinprobleme?

Die ÖVP will jetzt Klimaaktivisten bestrafen, wenn Autofahrer behindert werden. (Darum geht es wohl; denn wenn Einsatzfahrzeuge behindert werden, wird man jetzt schon bestraft.) Warum bestraft man nicht die Klimasünder? Manche in der ÖVP scheinen zu glauben, wenn es brennt, reicht es, den Brandmelder abzustellen. Wenn das „normal“ sein soll, dann bin ich lieber plemplem.

25. Juni 2023: Staatskrise oder Sturm im Wasserglas?

„Bizarr“ war eines der am öftesten gebrauchten Wörter im Zusammenhang mit den gestrigen Ereignissen: Söldnerführer Prigoschin lässt ohne erkennbare Vorwarnung ein paar tausend seiner Kämpfer auf Moskau vorrücken; Präsident Putin spuckt Gift und Galle. Die russische Armee scheint unfähig, den Vormarsch zu stoppen. Wenige hundert km vor Moskau hält die Truppe und macht dann kehrt; Prigoschin begibt sich angeblich nach Belarus. Der weißrussische Präsident Lukaschenko soll diesen Deal vermittelt haben. So plötzlich, wie die Krise gekommen ist, so plötzlich ist sie auch wieder vorbei. Was war das jetzt? Eine Meuterei? Ein Putschversuch? Eine Inszenierung? Was hat Prigoschin bezweckt, und was hat er geglaubt, dass passieren wird? Ist Putin jetzt politisch geschwächt? Wird es unter denen, die sich nicht schnell genug zu einer Loyalitätsbekundung für ihn aufgerafft haben, eine politische Säuberung geben? Wird die Zivilbevölkerung jetzt noch stärker an die Kandare genommen werden? Ist Prigoschins Leben noch einen Pfifferling wert? (Der KGB hat schon weit harmlosere Regimegegner beseitigt.)

20. Juni 2023: Land der Hämmer

Ein Journalist deckt Machenschaften auf und die Staatsanwaltschaft beginnt zu ermitteln – gegen den Journalisten! Willkommen im Land der Hämmer. Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses ist vom Tisch, die (zunehmend schwarz oder schwarz-blau regierten) Bundesländer sind dagegen (rühmliche Ausnahme: Salzburg). Auch die Eindämmung des Bodenverbrauchs wurde nicht geschafft. Sehr originell ist, wenn Proponenten der Klimawandelverharmlosungspartei ÖVP die Schuld bei den Grünen sehen. („Haltet den Dieb!“) Ist Österreich noch zu retten? Ich habe zunehmend Zweifel.

07. Juni 2023: Murphy hat wieder zugeschlagen

Was schief gehen kann, geht auch schief: da wird gezählt und gezählt – und dann trägt jemand die Zahlen in ein altes Excel-Sheet ein und lässt eine Formel irgendwas ausrechnen. Man fragt sich, ob Wahlergebnisse nicht öfters auf diese Weise zustande kommen. Jedenfalls hat sich nachträglich herausgestellt, dass doch Andreas Babler die Wahl zum neuen SPÖ-Chef gewonnen hat. Damit wird die SPÖ nicht die dritte Partei in Österreich, die im selben Wählerteich fischt wie die FPÖ. Aber es steht zu befürchten, dass Doskozil weiter aus dem Burgenland querschießen wird. Und dass die Situation bleibt, wie sie vorher war.

03. Juni 2023: Endlich wieder Lange Nacht der Kirchen

Nach drei Jahren Pause gab es gestern in Salzburg endlich wieder eine Lange Nacht der Kirchen. (Die Salzburger haben voriges Jahr nämlich nicht mitgemacht.) Heuer hat auch das Wetter mitgespielt, es war ein angenehmer frühsommerlicher Abend, der Vollmond stand leuchtend über der Festung. Das vielfältige (vor allem musikalische) Angebot reichte von einem Konzert barocker Orgelmusik in der Pfarrkirche Mülln (dargebracht von Michaela Aigner) bis zum A-Capella-Frauenensemble vocal orange in der Dreifaltigkeitskirche, von einer lateinischen Komplet in St. Sebastian bis zu Messiaens bedrückendem „Quatuor pour la fin du temps“ (gespielt vom Ensemble XXI. Jahrhundert) in der Franziskanerkirche. Als Highlight empfand ich wieder das Lichterlabyrinth im Dom, musikalisch begleitet u.a. von einer ungenannten Flötistin, die wunderschön meditative Musik erklingen ließ. Wüsste man nicht, dass es Gott gibt, müsste man ihn glatt erfinden :-)

29. Mai 2023: Gleichbleibend autoritär

Zwar musste sich Recep Tayyip Erdoğan (ich glaube erstmals) einer Stichwahl stellen, aber die hat er dann doch klar gewonnen. Die Mehrheit der Türken hat also für eine Fortsetzung des autoritären und aggressiv nationalistischen Kurses (etwa gegenüber Griechenland) votiert und für eine Wirtschaftspolitik, die von religiösem Dogmatismus statt von faktenorientiertem Pragmatismus bestimmt wird. Das spricht für sich und bedarf keines Kommentars. Für mich bedeutet das, dass die Sehenswürdigkeiten Kleinasiens weiter unerreichbar bleiben.

24. Mai 2023: Trauerspiel

Wäre es nicht so traurig für Menschen mit linker Gesinnung, wäre es ja eigentlich zum Lachen: eine Mitgliederbefragung in der SPÖ sollte endlich Klarheit in dem jahrelangen Gerangel zwischen Rendi-Wagner und Doskozil schaffen. Da wollten dann noch etliche andere mitmischen, letztlich erlaubt wurde es aber nur Andreas Babler. Der ganze Zirkus um die Stimmenauszählung war ein unwürdiges Schauspiel. Und statt Klarheit haben alle drei Kandidaten etwas über 30% erhalten (mit leichtem Überhang für Doskozil).

Dass Rendi-Wagner die Parteiführung abgibt, kann der Partei nur zum Vorteil gereichen. Denn sie hat in all den Jahren wenig politischen Instinkt und wenig Führungsqualitäten gezeigt. Kurios ist allerdings, dass sich Doskozil über die Animositäten gegen seine Person wundert. Er hat jahrelang mit Zwischenrufen und Widerspruch der Bundespartei konsequent zwischen die Beine getreten und wundert sich jetzt, dass viele in der Partei gerade ihn nicht an der Parteispitze haben wollen? Die Bezeichnung „Schilf-Kickl“ (wie ich sie aus dem Munde von Viktor Gernot vernommen habe) trifft hier wirklich zu. (Allen ans Bein pinkeln und dann jammern, dass niemand sie liebt, ist typisch FPÖ.)

24. Apr. 2023: Pest, Cholera oder Typhus?

Es ist schwer, angesichts der gestrigen Salzburger Landtagswahl nicht in Depressionen zu verfallen. Für mich war es diesmal die Wahl zwischen Pest, Cholera und Typhus. Dass die ÖVP verlieren würde, war nach den Wahlergebnissen in Tirol und der Steiermark erwartet worden, wenngleich mich das Ausmaß der Verluste schon überrascht hat. Dass die SPÖ angesichts der selbstzerstörerischen Querelen zwischen Rendi-Wagner und Doskozil auch nicht zulegen würde, war naheliegend. Ich hätte auch erwartet, dass die Grünen, die sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene in der Regierung sind, aber nicht wirklich geliefert haben, vom Wähler abgestraft würden. Das ist aber kaum passiert. Dafür haben die NEOS die 5%-Hürde nicht geschafft. In einer Koalition mit der ÖVP der Junior-Partner zu sein, tut selten einer Partei gut. Dass die Impfgegner- und Klimawandelleugnerparteien WIRS und MFG diese Hürde schaffen würden, war nicht zu erwarten. Dieses Segment wird ja bereits von der FPÖ abgedeckt, und auch Nehammer hat mit seiner Zukunftsrede begonnen, in diesem Revier zu wildern.

Dass aber mehr als ein Viertel der Wähler glaubt, dass sich mit dem politischen Stil Kickls die Probleme Salzburgs lösen ließen, erschließt sich mir nicht. Viele in diesem Land drückt offenbar bloß ein Schas. Noch weniger verstehe ich, dass über 62% rechts der Mitte gewählt haben. Man sollte meinen, dass gerade in Salzburg mit den Themen leistbares Wohnen und Teuerung genug Stoff für linke Parteien wäre. Aber die einzigen, die davon profitieren konnten, war die KPÖ. So hat sich dank des fulminanten Wahlerfolgs der KPÖ doch immerhin ein spürbarer Linksruck ergeben. Die SPÖ in Salzburg will aber offenbar nicht mehr links sein; David Egger hat sich ja explizit für Doskozil ausgesprochen.

Es läuft jetzt alles auf eine türkis-blaue Koalition wie in der Steiermark hinaus. Denn dass sich Haslauer in der ÖVP mit seinen Vorbehalten gegen den Stil Kickls auf Dauer durchsetzen kann, kann ich mir schwer vorstellen. Aber wer diesbezüglich vom klaren Wählerwillen faselt, der sei daran erinnert, dass die Partei mit den größten Zugewinnen die KPÖ ist.

13. März 2023: Zukunft? Welche Zukunft?

Bundeskanzler Nehammer hat eine Rede zur Zukunft der Nation gehalten und seine Partei de facto in die Riege der Klimawandelleugner und Wissenschaftsskeptiker geführt. „Nur keine Panik, alles halb schlimm“, ist der Tenor seiner Äußerungen. Eigentlich gehört so jemand aus dem Amt gebuht. Aber im Autofahrerland Österreich („mein Auto fährt auch ohne Klima“) wird nichts dergleichen passieren. Die geplante Mietpreisbremse wurde bisher nicht beschlossen, weil es für die ÖVP nicht sein kann, dass nicht auch den Besitzenden etwas geschenkt wird, nämlich die Grunderwerbssteuer auf das erste Eigenheim (was hat das eine mit dem andern zu tun?). Und was die türkise Partei von Transparenz und Demokratie hält, hat sie gezeigt in der Art und Weise, wie der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur ÖVP-Korruptionsaffäre zu Ende „gegangen worden“ ist. Hat der grüne Koalitionspartner eigentlich überhaupt keine Schmerzgrenze? Und wie die Zukunft Österreichs aussehen wird, sehen wir gerade in Niederösterreich. Was kommt noch mal raus, wenn man Blau und Türkis mischt?

9. Jän. 2023: Bescheidene Aussichten

Die Pandemie ist in Europa in eine Endemie übergegangen, die Chinesen aber holen das lang Versäumte jetzt nach: hunderte Millionen Coronakranke gleichzeitig. So erzeugt man neue Virusvarianten. Ein bekannter gallischer Hinkelsteinlieferant würde sagen: die spinnen, die Chinesen. Die Inflation genannte Teuerungswelle hat ihren Zenit hoffentlich überschritten. Ein Ende des Krieges in der Ukraine ist nicht abzusehen, goldene Zeiten für Waffenproduzenten. Heraklit meinte, Krieg sei Vater von allem (oder von allen), die einen mache er zu Sklaven, die anderen zu Freien (frg. B53). Manchmal haben auch die alten Griechen einen Mist verzapft; denn in erster Linie macht der Krieg viele zu Toten.

Was wird das neue Jahr bringen? Nachdem Netanjahu sein Land an extremistische Minderheiten verkauft hat, um wieder regieren zu können, mehr Konflikte und Tote in Palästina. Die afghanischen Taliban sind wieder da angekommen, wo sie 2001 schon waren; so schnell, wie sie nach dem Abzug der NATO-Truppen die Macht übernommen haben – da ist klar, dass eine Mehrheit der Afghanen kein Rechts- und Politsystem nach westlichem Muster wollte. Das 20jährige Intermezzo war zwecklos. In Großbritannien wird immer deutlicher, dass der Brexit unerwünschte, aber vorhersehbare Nebenwirkungen hat. Schmerzlich für die Minderheit, die in der EU bleiben wollte (und für die Schotten). In den USA sind republikanische Machtklüngel gerade dabei, die Demokratie zu zerschlagen. Und auch in Brasilien zeigen die Anhänger Bolsonaros, dass sie auf den demokratischen Konsens (das Mehrheitsvotum wird von allen akzeptiert) pfeifen. Übers Klima wird nur noch geredet, wenn sich wieder wer auf der Straße festklebt und so den Verkehr behindert. Politik und Wirtschaft machen hauptsächlich Blabla und Greenwashing; selbst Minimalmaßnahmen unterbleiben.

Bescheidene Aussichten für 2023.

Mariä Empfängnis 2022: Advent, Advent, ein Lichtlein brennt

Die Christkindlmärkte in Salzburg florieren wieder. Gegenüber dem Festspielhaus stapeln sich große Reisebusse. Ganze Hundertschaften von Besuchern überschwemmen die Altstadt. Auch auf dem Adventmarkt beim Schloss Hellbrunn drängen sich die Menschen, der Zutritt kostet aber 6 €. Den Adventmarkt in der Meierei von Schloss Glanegg gibt es auch wieder. Allerdings waren heute nachmittag die Stände alle geschlossen, offenbar findet der Markt nur an Wochenenden statt. Die Licht-und-Ton-Installation namens „Waldklang“, die ein paar Mal in der Adventszeit das Gelände des Anifer Waldbads zierte, ist anscheinend Geschichte. (Das Waldbad liegt etwas zu abgelegen, und Waldklang kostete Eintritt).

Nikolaus 2022: Business as usual

Manche Dinge gehen ja doch gut aus. So etwa die Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten. Wer sich da neben dem Amtsinhaber aller um die Präsidentschaft beworben hatte, war fast kabarettreif: Gleich vier Rechtspopulisten, die alle mehr oder weniger gedroht haben, die Regierung zu entlassen – und dann was? (Das Amt des Führers gibt es in Österreich nicht mehr.) Einer davon hat sich auch noch als Klimawandelleugner geoutet. Ein Schuhfabrikant, der den Wahlkampf nur als Plattform für seine (durchaus anerkennenswerten) Anliegen missbrauchte. Ein bunter Hund, der als Vorsitzender einer Spaßpartei vielleicht unter seinem Wert gehandelt wurde. Aber in Wahrheit waren sie alle reichlich indiskutabel. Erschreckend fand ich, dass das mehr als 40% derer, die ihre Stimme abgegeben haben, anders gesehen haben. Aber wenigstens ist uns eine Stichwahl erspart geblieben. Angesichts der multiplen Krisen, denen wir uns gegenübersehen, hatte die Mehrheit der Wähler wenig Lust auf politische Experimente.

An der Corona-Front ist es merkwürdig ruhig: wir haben derzeit österreichweit um die 45.000 Corona-Kranke. Die 7-Tage-Evidenz liegt bei rund 370. (Aber da nur noch wenig getestet wird, muss man annehmen, dass die Zahlen in Wahrheit viel höher sind.) Täglich sterben im Schnitt 4 bis 8 Personen an (oder mit?) Corona. Aber medial ist das kein Thema mehr. Selbst die Quarantänepflicht ist aufgehoben. Im Herbst wurde die Bevölkerung zwei oder drei Wochen lang zum vierten Stich aufgefordert (zumindest die über 60igjährigen, die nicht in letzter Zeit eine Coronainfektion hatten). Dann wurde es um das Thema Impfen wieder still. Ich weiß nicht recht, wie ich das deuten soll. Möglicherweise haben die Sorgen ums Heizen und um das tägliche Brot angesichts stark gestiegener Preise die Sorgen um die Gesundheit in den Hintergrund gedrängt.

18. Sep. 2022: Sommer ade

Ja, irgendwann muss auch der schönste, heißeste, trockenste Sommer der Messgeschichte (irgendwo wird er das schon gewesen sein) zu Ende gehen. Die Tage sind wieder merklich kürzer: erschrocken musste ich vorgestern feststellen, dass es um dreiviertel acht schon stockfinster ist. Heute war der Untersberg bereits „angezuckert“, Schneefall also bis auf 1500 m. „Wirklich schon wieder ein Jahr?“ (R. Mey) Der Sommer ist dahin, dabei ich bin ich noch gar nicht bereit für mehr als ein halbes Jahr Finsternis und Kälte.

17. Juli 2022: Wird die Winterreifenpflicht abgeschafft?

Wolfgang Mückstein ist Arzt, und als Gesundheitsminister war ihm die Gesundheit der Österreicher anscheinend ein Anliegen; wenngleich auch er gebraucht hat, um sich zu manchen Maßnahmen (s.u. zur Impfpflicht) durchzuringen. Klar ist, dass man dem Druck, den man dann zu spüren kriegt, nicht allzulange standhält; und so hat Minister Mückstein nach nicht einmal elf Monaten das Handtuch geworfen. Seinem Nachfolger Johannes Rauch wurde von Anfang an konzediert, er sei ein echter Politprofi. Das sollte wohl heißen, dass ihm seine politische Karriere wichtiger ist als sein Portefeuille.

Und tatsächlich scheint Rauch keine Lust zu haben, sich aus sachlichen Gründen den Forderungen der Wirtschaft – türkise Klientel – entgegenzustellen. So wurden die letzten Reste der Maskenpflicht abgeschafft, obwohl die Coranazahlen bereits wieder am Steigen waren. Die Impflicht, ohnehin nur als Scheinmaßnahme zur Beruhigung des Ärgers derer eingeführt, die sich brav impfen ließen und dann doch wieder mit in den Lockdown mussten, wurde wieder abgeschafft – während die Zahl der täglichen Neuerkrankungen auf über 10.000 gestiegen ist und die 7-Tage-Inzidenz auf den vierstelligen Bereich zugeht.

Wundert sich da noch jemand, dass viele Menschen kein Vertrauen in unsere Politiker haben? Was soll ich von einem Verkehrsminister halten, der die Winterreifenpflicht just in dem Moment abschafft, in dem die Schneefälle zunehmen und die Meteorologen einen eisigen Winter prognostizieren? (Weil der Druck der Autoindustrie und der KFZ-Reparaturbetriebe schon erheblich ist.) Und sie erst wieder einführen will, wenn die Zahl der täglichen Verkehrsunfälle so stark zugenommen hat, dass die Krankenhäuser an ihre Belastungsgrenze stoßen? Aber zum Glück hat Mobilitätsministerin Leonore Gewessler bisher keine Ambitionen zum Politprofi gezeigt. Deshalb wird sie auch von türkisen Politikern regelmäßig mit Dreck beworfen.

9. Juni 2022: Lange Nacht der Kirchen

Zweimal ist sie coronabedingt ausgefallen: die Lange Nacht der Kirchen. Zugegeben, voriges Jahr fand sie online statt. Aber im Wohnzimmer vor der Glotze zu hocken ist doch nicht dasselbe wie sich in eine Kirche zu setzen. Heuer gibt es sie wieder fast wie vor Corona. – Aber nicht in Salzburg! Das macht leider eine schöpferische Pause. Ich kann's niemand verdenken, Vorbereitung und Durchführung sind ein Haufen Arbeit. Aber schade finde ich es doch.

24. April 2022: Kommt mir bekannt vor

Ich bin in der Karwoche auf Bildungsreise auf Kreta gewesen. Griechenland hat mit Anfang März die verpflichtende Online-Anmeldung (Passenger Locator Form) abgeschafft. Unsere kretische Reiseleiterin meinte ironisch, Griechenland habe mit Beginn der Tourismus­saison die Corona­beschränkungen abgeschafft, aber sobald der letzte Tourist am Ende des Sommers abgereist sei, würden sie wieder in Kraft gesetzt. Ja, das kommt mir bekannt vor. Seit die 7-Tage-Inzidenz wieder dreistellig geworden ist, tun bei uns alle so, als ob die Epidemie vorüber sei. Wenn im Herbst die Pi-, Rho- oder Sigma-Welle rollt, müssen wir wieder alle in den Lockdown, weil unsere Regierung bis zum letzten Moment auf ein Wunder gehofft haben wird, das das vorweihnachtliche Geschäft und den Start der Schisaison rettet. Die chinesische Regierung hingegen tut stur weiter so, als müsse sie die Ausbreitung von Cholera, Pest und Ebola gleichzeitig bekämpfen. Hoffentlich kommt bald eine Impfung, die diesen Zirkus nachhaltig beendet.

9. März 2022: Das war ja klar!

Obwohl die Infektionszahlen auf extrem hohem Niveau waren, wurden die meisten Coronamaßnahmen abgeschafft. Jetzt haben wir bald 50.000 Neuinfizierte pro Tag, aber die Regierung legt die Impfpflicht auf Eis, bevor sie richtig in Kraft getreten ist. Was eigentlich von Anfang an klar war. Im Herbst, wenn dann wieder der Hut brennt, müssen auch wir Geimpfte wieder in den Lockdown. Diese Regierung verarscht uns nach Strich und Faden. Nur keine Wähler am rechten Rand verprellen, das ist schon ein paar hundert vermeidbare Tote wert.


Diogenes auf der Suche nach einem Menschen, Öl auf Holz, 1780er-Jahre, Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829) zugeschrieben.– Quelle: Wikiquote.– Urheber: Nagel Auktionen, 2005.– Lizenz: Laut Wikiquote gemeinfrei.– Bearbeitung: verkleinert, aufgehellt.

1. März 2022: Sprachlos

Angesichts des derzeitigen Weltgeschehens fehlen sogar mir die Worte. Wenn ein Krieg sinnlos ist, dann der Putins gegen die Ukraine. Eingesponnen in ein Paralleluniversum schlägt der russische Präsident verbissen um sich und geht sogar so weit, mit der nuklearen Keule zu drohen (wem eigentlich?). Und Geld, das die EU für den Umweltschutz und soziale Aufgaben nie hatte, steht jetzt für Rüstungsausgaben plötzlich zur Verfügung. Und österreichische Politiker wie Sobotka oder Kickl haben am Anfang die Situation noch genutzt, um auf dem Rücken der Opfer dieses Krieges ihre politsche Agenda zu betreiben. Aber bekanntlich hat schon Diogenes vergeblich nach Menschen gesucht (Diog. Laert. 6,32; 6,41). Positiv anzumerken bleibt, dass sich die EU endlich einmal zu Sanktionen durchgerungen hat, die auch ihr selbst weh tun. Und dass internationale Sportverbände endlich einsehen, dass man nicht ständig die Augen vor der politischen Situation verschließen darf.

15. Feb. 2022: Olympische Schande - schon wieder

Schon wieder Olympische Spiele in China. Was ich vom IOC halte, habe ich ja schon an anderer Stelle nicht gesagt. Über die Behauptung, da gehe es um Sport, nicht um Politik, lachen sich die chinesischen Machthaber krumm. Unsere Gier macht uns blind und dumm.

5. Feb. 2022: Die Impfpflicht, die keine ist

Seit gestern ist sie in Kraft, die Impfpflicht. Aber es gibt vorerst keine Kontrollen und keine Strafen. Sie ist also nicht mehr als ein Appell des Gesundheitsministers. Ab 16. März soll es dann erste stichprobenartige Kontrollen geben. Ab wann wirklich alle Ungeimpften eine Aufforderung zur Impfung erhalten werden, steht noch gar nicht fest. Und es wird nur passieren, wenn es dann noch epidemiologisch notwendig ist. Da bin ich aber gespannt, welcher der Entscheidungsträger nach dem Abebben der Omikronwelle noch den Mumm haben wird, eine epidemiologische Notwendigkeit zu konstatieren. Der nächste Herbst ist dann ja noch weit weg. Derweil sind in Salzburg die Krankenhäuser dicht. Musste vorgestern abend ins Landeskrankenhaus und wurde mit dem Hinweis empfangen, dass kein einziges Bett mehr frei sei. Aber alle rufen schon nach Lockerung der Regeln, und die Regierenden beugen sich. Italien hat da mehr Mut bewiesen: dort wurden beinhart über 2000 ungeimpfte Ärzte entlassen. Ärzte, die die Erkenntnisse und Empfehlungen der medizinischen Wissenschaft ignorieren oder ihnen misstrauen, sind keine Ärzte, sondern Medizinmänner, und haben in einem modernen Gesundheitssystem nichts verloren. Jeder darf glauben, was er will. Aber er darf nicht tun und lassen, was er will.

31. Dez. 2021: „Der Raureif legt sich vor mein Fenster…“

Ein Jahr ist zu Ende, das neuerlich von Corona geprägt war, aber auch von klimabedingten Extremereignissen, z.B. der Hitzewelle in Griechenland oder der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, bei der mehr als 160 Menschen ums Leben kamen. Da war die Überflutung der Halleiner Altstadt nur ein Randereignis.

Der Wirtschaftsmotor hat 2021 wieder kräftig gebrummt. Das hat aber die Energiekosten in die Höhe getrieben und zusammen mit manchen Lieferengpässen bei vielen Produkten zu einer Preissteigerung geführt (ein Effekt, der von den meisten Inflation genannt wird, aber ich bin nicht sicher, ob das ganz dasselbe ist).

Sebastian Kurz ist weg. Der Karrierist, der sich als junger dynamischer Neuerer präsentierte, hatte m.E. kein politisches Konzept und nur ein erkennbares Ziel: Macht. Er hat die Nahtstellen politischer Macht türkis eingefärbt, der Sozialpartnerschaft und der Kirche in den Hintern getreten und aus der einst christlich-sozialen ÖVP eine ideologie- und wertefreie konservative Partei gemacht, die sich für mein Gefühl verdammt weit rechts der Mitte positioniert hat: im Grunde genauso ausländerfeindlich wie die FPÖ und ähnlich EU-kritisch (Österreich ist auffällig oft auf der Seite der Blockierer). Es wird an Kurz' Nachfolger Nehammer liegen, aus der ÖVP wieder eine Partei zu machen, die auch für Wähler mit Restgewissen wählbar ist.

Die Deltawelle ist abgeebbt und Omikron beginnt heranzurollen. Was die angekündigte Impfpflicht betrifft, so hat die Bundesministerin für EU und Verfassung (sorry, aber das klingt schwer nach einem ad hoc erfundenen Spitzenposten für jemanden, den man für Loyalität belohnen musste) schon begonnen zurückzurudern. Das lässt Schlimmes erahnen, der nächste Lockdown dräut.

15. Dez. 2021: Demokratie – wie lange noch?

Letzten Sonntag große Anti-Coronamaßnahmen-Demo in der Stadt Salzburg. Nur: warum kommen so viele der Demonstranten in Autos mit Braunauer Kennzeichen? Offenbar ist die ganze Innviertler rechte Szene zum Demonstrieren in Salzburg. Und sie schreien „Freiheit“ – aber sie meinen die Freiheit von der Einhaltung demokratischer Spielregeln und der Befolgung von Gesetzen. Und weil es die in einer Demokratie nicht geben kann, bedeutet das die Forderung nach Abschaffung der Demokratie. (Denn das Wesen der Demokratie liegt darin, dass das Mehrheitsvotum zählt. Und die Coronaverharmloser und Impfverweigerer sind in der Minderheit. Darum mögen sie die Demokratie nicht.) Das ist die faschistische Taktik, einen positiv besetzten Begriff zu kapern und ihm einen neuen Inhalt zu unterlegen, der letztlich das genaue Gegenteil bedeutet. (Erinnert sich noch jemand an die FPÖ-„Nächstenliebe“ = Fremdenhass?)

Und die Schafe mit dem Aluhut und die (Ver-)Querdenker trotten hinterher. Die größte Gefahr für die Demokratie sind die Wähler. Man kann die Demokratie zwar auf demokratischem Wege abschaffen. Aber man kriegt sie nicht mehr so schnell zurück, siehe Russland, siehe Türkei, bald auch: siehe Ungarn. Und wenn es bei uns so weitergeht, auch: siehe Österreich. Unsere Vorfahren haben vor 90 Jahren die Demokratie an die Wand gefahren. Und unsere Generation ist gerade dabei, es wieder zu tun. Aber ich gebe zu bedenken: wenn die Demokratie weg ist, dann ist auch Schluss mit den Afterjuristen, die bei jedem Gesetzes­vorhaben, das die Nichtgeimpften und Maskenmuffel benachteiligen könnte, verfassungs­rechtliche Bedenken äußern.

Dabei ist der ganze Zirkus um die geplante Impfpflicht nur Zinnober. Denn diese Impfpflicht (sollte sie tatsächlich kommen), ist ein zahnloser Papiertiger. Es soll 200 € im Monat kosten, sich nicht impfen zu lassen. Aber da es keine ersatzweisen Haftstrafen geben wird, kann ich mir nicht vorstellen, dass viel passieren wird, wenn man einfach nicht zahlt. Die Regierung betreibt weiterhin Als-ob-Politik (so wie beim letzten „Lockdown“ der Schulen), sie scheint nicht willens, wirklich wirksame Maßnahmen zu ergreifen.

21. Nov. 2021: Die Eindrittelgesellschaft

„Ab heute ist Österreich eine Diktatur“, so polterte Kickl, als der Lockdown für die vierte Coronawelle verkündet wurde – jawohl, aber eine Diktatur der Impfverweigerer, die es geschafft haben, mit ihrem egoistischen Radikalindividualismus eine ganze Nation in Geiselhaft zu nehmen. Für ihre Freiheit müssen auch alle anderen den Preis mitbezahlen. Um den Ärger der Geimpften, denen doch versprochen worden war, die Impfung werde für sie die Rückkehr zur Normalität und das Ende der meisten Einschränkungen sein, etwas hintan zu halten, wurde die Einführung einer Impfpflicht in Aussicht gestellt. Irgendwann im nächsten Jahr. Aber sobald die vierte Welle abgeebbt ist oder die Durchimpfungsrate 70 % erreicht hat, wird sich wahrscheinlich keiner mehr daran erinnern wollen. Die fünfte Welle kommt bestimmt.

Dabei hat es unfassbar lange gedauert, bis sich die Regierung endlich zum Handeln entschlossen hat, obwohl die Infektionszahlen seit Wochen durch den Plafond gehen, obwohl die 7-Tage-Inzidenz kurz davor war, vierstellig zu werden, obwohl die Salzburger Krankenanstalten einen Hilfeschrei losgelassen haben, dass sie kurz vor dem Kollaps stehen. Ein paar Tage hat man es noch mit einem schwammigen Lockdown nur für Ungeimpfte probiert – <sarcasm>der sicher ganz intensiv kontrolliert wurde</sarcasm>: bei einer Anti-Coronamaßnahmen-Demo vor einem Grazer Krankenhaus in dieser Zeit sah die Polizei keinen Grund zum Eingreifen. Und als die Regierung eingesehen hat, dass das nicht ausreicht, wurde noch um die Schulen gerangelt: der Unterricht findet zwar in Präsenz statt, aber die Schüler sollen möglichst zu Hause bleiben. (Die Bürger von Schilda hätten ihre Freude an dieser Lösung.)

31. Okt. 2021: Ein Alptraum und kein Ende

Warum kann ich nicht einfach aufwachen und feststellen, dass alles nur ein böser Traum war! Kanzler Kurz musste „zur Seite treten“, weil der begründete Verdacht besteht, dass er frisierte Umfragen veröffentlichen ließ und diese dann auch noch dem Finanzministerium in Rechnung gestellt wurden. Die ÖVP hat, so der Vorwurf, offenbar jahrelang die öffentliche Meinung zu manipulieren versucht, und das (zumindest teilweise) auf Kosten des Steuerzahlers. Den Preis für die Demontage Mitterlehners zahlen wir alle bis heute: kein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. Aber der eigentliche Skandal besteht für mich darin, dass abgesehen von Günther Platter kein hochrangiger ÖVP-Politiker sich dazu durchringen konnte, dieses System zu kritisieren. Alle faseln sie wie besoffen von der Unschuldsvermutung. Von politischer Verantwortung haben sie offenbar noch nie gehört. Und statt sich von ihrem Meister zu distanzieren, attackieren Kurzens Lakaien (zu denen seinen ersten Äußerungen zufolge auch Neokanzler Schallenberg gehört) immer unverhohlener die Justiz. Unter den Türkisen ist die ÖVP zur einem ethikfreien Machtklüngel verkommen, für den der Zweck absolut jedes Mittel rechtfertigt. L'etat, c'est moi.

Und der grüne Gesundheitsminister Mückstein beharrt angesichts einer bei etwas über 60% stagnierenden Impfquote und einer 7-Tage-Inzidenz von inzwischen über 300, Tendenz rasch steigend, weiterhin darauf, dass die Impfung jedermanns persönliche Entscheidung sei, die man zu respektieren habe. Warum muss ich das respektieren? Wenn fast 30% der impfbaren Menschen in diesem Land die Impfung verweigern, dann hat das gravierende Auswirkungen auf die übrige Bevölkerung. Es sind unser aller Intensivbetten, die die ungeimpften CoViD-Patienten belegen. Ich kann nicht verstehen, warum man die Impfgegner und Maskenmuffel so billig aus ihrer Mitverantwortung für die Gesellschaft entlässt. Mückstein gehört ganz offensichtlich zu jenen Grünen, die einen radikalen Individualismus vertreten. Davon, dass die Grünen es nicht geschafft haben, der Regierung einen grünen Stempel aufzudrücken, ganz zu schweigen. 30 € für die Tonne CO2? Weniger hätten es selbst mit einem Vizekanzler Kickl kaum werden können. Ein österreichweites Öffi-Ticket? Nettes Gimick, das werden aber hauptsächlich diejenigen nutzen, die auch jetzt schon mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Wer will, dass sich in Sachen Klimaschutz etwas bewegt, muss eine neue Partei gründen. Mit diesen Grünen, denen es anscheinend genügt, dass sie endlich einmal in der Regierung sind, wird das nichts mehr.

19. Sep. 2021: Herbst = Corona

Die nächste (ich glaube, es ist die vierte) Coronawelle ist voll über uns hereingebrochen, weiterhin also Homeoffice (wohl dem, der diese Möglichkeit hat). Und wieder dieselben sinnlosen Diskussionen. Für manche Menschen (oder sind es nicht doch eher Klingonen?) ist allein die Forderung, in Geschäften eine Maske zu tragen, eine völlig unannehmbare Zumutung. Davon, sich impfen zu lassen, ganz zu schweigen. (Ich möchte nicht wissen, wieviele der Leute, die auf ihre körperliche Unversehrtheit pochen, sich tätowieren haben lassen.) Und niemand will die Einhaltung der Maskenpflicht kontrollieren: die Handelsangestellten nicht (nachvollziehbar), die Polizei nicht (unverständlich, macht es mehr Spaß, demonstrierende Abschiebungsgegner zu verhaften?). Aber dem Handel sei gesagt: ich bin auch Kunde. Und in einem Geschäft, das auf die Einhaltung der Maskenpflicht keinen gesteigerten Wert legt, will ich nicht einkaufen.

15. Aug. 2021: Der Sommer geht, Corona kommt

Abgesehen von einer heißen Woche im Juni waren Juni, Juli und noch die erste Woche im August, zumindest am Alpennordrand, nass und unsommerlich. Da hat uns die Urlaubswoche in Griechenland gezeigt, was eine Harke ist: auf 45° C kletterte die Quecksilbersäule in der Argolis. Ich hätte gerne ein wenig österreichischen Regen gegen ein bisschen griechische Hitze getauscht. Denn angesichts der Waldbrände hätten die Hellenen etwas Regen gut gebrauchen können. Aber wie alle Dinge auf dieser Welt sind auch Regen und Hitze schlecht verteilt.

Inzwischen wurde oder wird bei uns das Getreide geerntet, der Kukuruz ist auch bald soweit. Die Tage werden merklich kürzer, der Sommer neigt sich seinem Ende zu. Und leider steigt auch die Zahl der an CoViD Erkrankten wieder. Die nächste Coronawelle beginnt zu rollen. Das war vorherzusehen, denn auch wenn die Hälfte der Bevölkerung geimpft ist, so grassiert jetzt die viel infektiösere indische Variante („Delta“, aber man muss ja wohl sagen dürfen, woher diese Mutation eines ursprünglich aus China stammenden Virus kommt – und das in Europa nicht zuletzt vom tirolerischen Ischgl aus verbreitet wurde, worauf hinzuweisen unsere Nachbarn lange nicht müde wurden). Der nächste unlustige Herbst dräut.

Man sagt ja auch Spanische Grippe, obwohl selbige mit Spanien soviel zu tun hat wie ein Frankfurter Würstel mit der Stadt am Main (dieselbe Wurst heißt in Frankfurt bekanntlich Wiener Würstchen). Die Hongkong-Grippe hingegen brach offiziell wirklich in Hongkong aus (obwohl sie wahrscheinlich letztlich auch aus China kommt). Und Corona-Varianten werden plötzlich mit griechischen Buchstaben benannt? Als Klassischer Philologe möchte ich mich dagegen verwehren. Der Buchstabe Delta hat überhaupt nichts mit der Virusvariante zu tun. Benennt die Mutationen doch wie Tiefdruckgebiete! Oder benennt sie nach beliebten Staatsmännern wie Putin, Johnson, Assad oder Bolsonaro.

29. Mai 2021: Wo bleibt der Frühling?

Das war der kälteste und nasseste Mai in Österreich seit Jahrzehnten. Und das trotz Klimaerwärmung. Ein Arbeitskollege sieht allerdings erste Anzeichen für ein Ende des Winters: der Maronibrater ist nur noch vormittags da. Aber wenn das Wetter nicht rasch besser wird, ist's mit der Erdbeersaison heuer Essig.

9. Mai 2021: Leben nach dem Erststich

Heilige Corona, schau oba! (Die gibt's übrigens wirklich.) Ich habe meine erste Teilimpfung mit AstraZeneca erhalten.

2. Apr. 2021: Kein Licht am Ende des Tunnels

Nachdem die erste Märzhälfte schon ein paar frühlingshafte Tage brachte, brach Mitte März der Winter aus: neun Tage lang anhaltende Schneefälle, auch in der Stadt. Zum Glück war der Boden schon so warm, dass der Schnee nie lange liegengeblieben ist. Ende März dann plötzlich fast frühsommerlich warme Tage. Anfang April steht schon wieder Schnee ins Haus. Das Wetter ist so wechselhaft warm-kalt wie die Coronapolitik in Europa.

Als die letzten Lockerungen verkündet wurden, war von Haus aus klar, dass spätestens nach ein paar Wochen die Infektionszahlen wieder nach oben schnellen würden. Und die aggressive britische Mutation tut ein übriges, um die Intensivstationen zu füllen. Im Osten Österreichs gibt es ausgerechnet über die Osterfeiertage einen Lockdown; hier in Salzburg, trotz seit Wochen anhaltend hoher Inzidenzwerte, nicht.

Im Herbst hatte ich mich für die heurige Karwoche zu einer Studienreise nach Kreta angemeldet. Aber Ende Februar hat der Anbieter die Reise abgesagt. Denn das Virus grassiert wie eh und je, und das Impfen kommt nicht in die Gänge. Innerhalb von über drei Monaten wurden bei uns nur 1,6 Mio Impfdosen verabreicht, da sind auch die Zweitschüsse schon mitgezählt. In diesem Tempo wird es mehr als eineinhalb Jahre dauern, bis die Impfwilligen geimpft sind. Ja, ich gebe zu, ich werde langsam etwas ungeduldig.

7. Jan. 2021: Neues Jahr

Zum abgelaufenen Jahr fehlen selbst mir die Worte. Obwohl ich mich persönlich nicht beklagen kann: ich bin bisher gesund geblieben und habe immer noch einen Job. Was mich am meisten schmerzt, ist, dass sowohl die Lange Nacht der Kirchen als auch die Lange Nacht der Museen ausgefallen sind. Aber verglichen mit anderen ist das Jammern auf hohem Niveau. Hoffen wir, dass 2021 besser wird, vor allem für die, die 2020 ihren Job, ihr Engagement, ihre Auftrittsmöglichkeiten eingebüßt haben.

Der beste US-Präsident der Geschichte ist abgewählt worden, das lässt hoffen. Allerdings hat die gestrige Besetzung des Kapitols gezeigt, dass es mit dem Demokratieverständis mancher Amerikaner nicht weit her ist. Und ich fürchte, dass es hierzulande nicht viel besser ist. Der soziale Zusammenhalt ist längst passé, und die Invidualisten halten sich selbst für den Nabel der Welt.

18. Dez. 2020: Und täglich grüßt das Murmeltier

Lockerung der Beschränkungen, Teil-Lockdown, voller Lockdown, Lockerung zu Weihnachten, dann gleich wieder Lockdown. Das kommt davon, wenn man auf die Verantwortung des einzelnen setzt. Genauso gut kann man den Hund auf die Wurst aufpassen lassen. Das humanistische Menschenbild greift zu kurz.

27. Sep. 2020: Es wird Herbst

Der Sommer ist vorbei – zumindest am Alpennordrand. Ein erster Kälteeinbruch hat tw. ergiebige Schneefälle bis unter 800 m gebracht. Und wie jedes Jahr haben Berggeher und Autofahrer alle Wettervorhersagen ignoriert, und die Rettungskräfte mussten zigmal ausrücken. Gibt es wirklich intelligentes Leben auf der Erde?

Corona ist nicht vorbei. Wie uns die Experten seit Monaten prophezeit haben, beginnen mit dem Ende der warmen Jahreszeit die Infektionszahlen wieder zu steigen. Aber eigentlich haben sie schon zu steigen begonnen, als es noch warm war. Die eigentliche Ursache ist wohl: viele, vor allem junge Leute scheißen sich nichts mehr. No risk, no fun. Und was manche für haarsträubende Argumente haben, um den Mund-Nasen-Schutz nicht tragen zu müssen, ist mir unbegreiflich. Realitätsverweigerung allerorten.

Die jährliche Almabkehr ist zu Ende. Heuer wurde ausgiebiger Baumschnitt an der Uferböschung zwischen Pflegerbrücke und Obuskehre durchgeführt.

23. Aug. 2020: Ein Sommer voller Corona

Der Urlaub ist kaum vorbei und schon liegt ein Hauch von Herbst in der Luft: der Wind fegt die ersten welken Blätter durch die Gassen, kurz nach acht beginnt es zu dämmern.

13. Juni 2020: Sommer?

Nach einem eher nassen Mai und einem kühlen ersten Monatsdrittel im Juni hatten wir gestern und heute die ersten zwei Sommertage in diesem Jahr. Apropos Sommer: vielleicht findet mein Kretaurlaub (einst gebucht im Prä-CoViD-ium) doch noch statt.

21. Mai 2020: Im Irrenhaus

Die Infektionszahlen sinken, die Beschränkungen werden gelockert. Mancherorts gibt es lautstarke Demonstrationen gegen diese Beschränkungen (an die sich ohnehin immer weniger halten). Leider von den falschen Leuten: von rechten Populisten, Bullshittern und Aluhutträgern. Menschen, die wahlberechtigt sind, faseln Schwachsinn über eine Verschwörung, hinter der Angela Merkel oder Bill Gates (oder ganz originell: die Juden) stehen. Die Impfverweigerer wissen jetzt schon, dass für sie, wenn es denn dereinst einen Corona-Impfstoff gibt, Solidarität (denn darum geht es bei der Durchimpfung der Bevölkerung) nicht in Frage kommt. Ich frage mich immer öfter, warum so viele Menschen in diesem Irrenhaus noch immer nicht teilentmündigt sind.

18. April 2020: Corona und kein Ende

Ende März, Anfang April gab es zwar schon kräftige Tageserwärmung aber noch einige frostige Nächte. Zwei Frostnächte haben gereicht, um der Magnolienblüte den Garaus zu machen.

CoViD-19 hält die Welt weiter im Würgegriff. Das eigentlich Gruselige: bürgerliche Grundrechte und Freiheiten sind plötzlich aufgehoben, ohne dass es jemanden kratzt. Versammlungsfreiheit, Demonstrationsrecht, freie Religionsausübung – alles sistiert. Das polnische Parlament nutzt die Situation, um ein paar Gesetze durchzupeitschen, gegen die es voriges Jahr noch lautstarke Protestdemos gegeben hat. (Was ja jetzt praktischerweise verboten ist.) Das ungarische Parlament hat gar Viktor Orban auf unbestimmte Zeit zum Dikator ernannt. Ich hatte gehofft, diesen Rückfall in die 1930er Jahre nicht mehr miterleben zu müssen. Und ich wage nicht daran zu denken, was bei uns passieren wird, wenn die ÖVP die absolute Mehrheit bekommt.

23. März 2020: Corona

Ist das das Ende der Welt, wie wir sie kennen? Wohl kaum. Nach dem Ersten Weltkrieg und den vielen Millionen Opfern der Spanischen Grippe ging es auch weiter. Ich werde vielleicht etwas früher als geplant über den Jordan gehen, aber meine Kinder werden weiterleben und -wurschteln wie tausende Generationen vor ihnen. Aber lustig ist das nicht, zu Hause bleiben zu müssen, während draußen die Magnolien gerade aufblühen und die Bäume ausschlagen. Ein verpasster Frühling, das tut weh.

1. Jan. 2020: Ein gutes neues

Das nunmehr vergangene Jahr hat wieder einige Katastrophen gebracht. Die Kathedrale Notre Dame de Paris brannte. Der brasilianische Dschungel brennt. Der australische Busch brennt. Die Markusbasilika in Venedig stand hüfttief unter Wasser.

Die Türkisen haben neuerlich die Nationalratswahlen gewonnen. Eine Koalition mit den Grünen steht bevor. (Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.) Die Tories haben die Wahlen in Großbritannien gewonnen: noch ein Clown als Regierungschef.

Die Liste der Prominenten, die von uns gegangen sind, ist wieder lang: ehemalige Sportgrößen wie Niki Lauda und Matti Nykänen; Schauspieler der ersten Riege wie Rutger Hauer, Peter Fonda, Doris Day, Albert Finney, Bruno Ganz, Hannelore Elsner; aber auch weniger bekannte wie Rip Torn (Men in Black), Ron Leibman (Kaz & Co), Peter Mayhew (Darsteller des Chewbacca); Vertreter der leichten Muse wie Costa Cordalis, Karel Gott, Marie Fredriksson (Roxette), aber auch solche der E-Musik wie André Previn oder Jessye Norman; der einstige Regierungschef und dann Staatspräsident Jacques Chirac, Zeichner Guillermo Mordillo, Modedesigner Karl Lagerfeld, Schriftstellerin Rosamunde Pilcher, Unternehmer Ferdinand Piëch, Kabarettist Werner Schneyder; u.v.a.m.

„The devil never sleeps“, pflegte unser Englischlehrer Karl Plasser (angesichts unserer Fehler) zu sagen. Gott, unser Beschützer, schläft nicht, sagt Psalm 121. Seine Hilfe werden wir 2020 mehr denn je brauchen. Ich wünsche allen meinen Lesern ein gutes neues Jahr.

6. Okt. 2019: Überraschung

Unverhofft kommt oft: die Grünen sind wieder drin, die Rechtspopulisten deutlich zurückgefallen; und die Sozialdemokraten haben (für mich unverständlich) ihr schlechtestes Ergebnis ever eingefahren. Die Rede ist natürlich von den Nationalratswahlen 2019 in der Alpenrepublik. Das Kuriose dabei: ich kenne niemanden, der Sebastian Kurz gewählt hat (und es auch zugibt). Ich lebe offenbar in einer ÖVP-/FPÖ-freien Blase. Hilft mir aber nichts: Kurz wird trotzdem wieder Bundeskanzler werden und uns kleinen Leute mit seiner unternehmerfreundlichen Politik weiter plattwalzen. Warum das deutlich mehr als ein Drittel der Wähler für wünschenswert hält, ist mir schleierhaft.

8. Sep. 2019: Urlaub vorbei

Der August war in Salzburg eher herbstlich. Es gab zwar vereinzelt sonnige, heiße Tage, aber es überwogen doch Wolken und Regen. Und jetzt im September ist es unverkennbar, dass die Tage kürzer werden, die Schule wieder begonnen hat und wir immer noch dieselben liebenswerten Politiker haben wie vor Ibiza.

Vermutlich werden wir zu Weihnachten die gleiche rechtsgerichtete Regierung haben wir letzte Weihnachten (vielleicht ohne Herbert Kickl, aber wer weiß). Großbritannien wird immer noch nicht aus der EU ausgetreten sein. Italiens Regierung wird die nächste Koalitionskrise haben. Die neue Kommissionspräsidentin wird meine Sympathie für die EU nicht gerade verstärkt haben. Der US-Präsident wird einen neuen Rekord für das Verhältnis von Nonsens je 140 Zeichen aufgestellt haben. ­– Ich muss endlich aufhören, Nachrichten zu hören.

22. Juli 2019: Urlaub

Der Juni bescherte uns heuer die heißesten Tage, seit es Juni gibt. Dann war es die erste Julihälfte allerdings eher ziemlich kühl und unsommerlich. Jetzt scheint der Sommer zurückgekehrt. Warum alle von einer Hitzewelle reden, sobald sich die Quecksilbersäule der 30°-Marke nähert, verstehe ich nicht. Ich nehme an, es ist vom Wetter in Wien die Rede, wo es ja oft ein paar Grad mehr hat.

19. Mai 2019: Grüße aus Ibiza

Wer gehofft hatte, auf einen harten Winter würde ein milder Frühling folgen, sah sich getäuscht: das erste Maiwochenende bescherte uns dermaßen nasskaltes Wetter, dass es selbst in der Stadt mehrmals kurze Schneegestöber gab. Und sogar am 14. Mai fiel in Anif noch einmal für ein paar Minuten etwas Schnee.

Vizekanzler Strache musste zurücktreten. Ich habe nicht recht verstanden, warum. Auch vor dem Ibiza-Video war doch allen bekannt, wes Geistes Kind der Mann ist. Das Erschreckende daran ist ja, dass Strache kein besonderer Bösewicht ist, sondern ein durchschnittlicher Österreicher. Er hält uns doch nur den Spiegel vor. Nicht wenige Österreicher sind bereit, auf demokratische Freiheiten und soziale Errungenschaften zu verzichten, wenn dafür ordentlich auf die Ausländer gehaut wird. Auch Kanzler Kurz ist keinen Deut besser, war er doch bereit, sich mit diesem Mann politisch ins Bett zu legen, um nur ja Bundeskanzler zu werden. Und er hat zu fast allem geschwiegen, solange es irgendwie ging. Wolfi Schüssel lässt grüßen. Hat wirklich jemand geglaubt, dass sich der Herr Karl in den letzten Jahrzehnten geändert hat? Neuwahlen im Herbst. Was soll sich ändern? Wir Österreicher müssten bessere Menschen werden, dann bekämen wir vielleicht auch bessere Politiker. Oder um es in den Worten von Maurizio de Giovanni zu sagen: „Was ihn betraf, […] so interessierte Politik ihn nicht im Geringsten. Er war der Ansicht, dass die Wurzel allen Übels letztendlich die menschliche Natur war, und dagegen gab es kein Heilmittel.“ (Die Gabe des Commissario Ricciardi, Berlin: Insel-Verl., 2012, S. 74.)

15. Feb. 2019: Winter

Dieser Winter war für uns Radfahrer hart: Mit Beginn des Januar sind im Verlauf mehrerer Wochen am Alpennordrand einige Meter Schnee gefallen. Dabei hatten wir in der Stadt noch das Glück, dass uns ein Teil dieser Niederschläge als Regen ereilt hat. Inzwischen überwiegt in der Stadt wieder das Grün bzw. Braun. Doch schon ein paar Kilometer außerhalb sind die Wiesen und Felder mit bis zu einem halben Meter Schnee bedeckt.

Silvester 2018

Ich bin auf diese ORF-Seite mit den Verstorbenen des heurigen Jahres gestoßen. Hier ein kleines Florilegium von Persönlichkeiten, die nicht mehr unter uns weilen: France Gall (Poupee de cire, poupee de son), Charles Aznavour, Montserrat Caballe, Aretha Franklin, Stefan Weber (Drahdiwaberl), Heinz Petters, Burt Reynolds, Milos Forman (Hair, Amadeus), Bernardo Bertolucci (Der letzte Tango in Paris), Tom Wolfe (Fegefeuer der Eitelkeiten), Amos Oz, Christine Nöstlinger, Stephen Hawking, Gerhard Jagschitz, Billy Graham, Kofi Annan, Eva Twaroch (österr. Journalistin) u.v.a.m.

Ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, auch zu sehen, wer heuer geboren wurde und später einmal ein bedeutender Künstler, Wissenschaftler oder Politiker werden wird. (Ich hab's ja leider verbockt.) Vielleicht wäre ich dann mit diesem Jahr versöhnter.

28. Dez. 2018: Es wird ruhiger

Mit einem Zitat eines deutschen Komikers (dessen Erben schon viele, die Zitate desselben im Internet verwendeten, wegen Urheberrechtsverletzung abmahnen ließen) hat unser Pfarrer in der Predigt am Heiligen Abend des Umstandes Erwähnung getan, dass für die meisten Menschen die sog. stille Zeit eigentlich eine ziemlich stressige ist und sie froh sind, wenn sie vorbei ist und das Leben wieder seinen gewohnten Gang nehmen kann. (In wenigen Tagen wird die in Deutschland gültige Schutzfrist von 70 Jahren – in Worten: siebzig! – für den Großteil der Werke besagten Komikers ausgelaufen sein. Dann darf man ihn hoffentlich zitieren, ohne teure Post vom Anwalt zu bekommen.)

16. Dez. 2018: Klimatisches

Die UN-Klimakonferenz in Katowice ist zu Ende. Ein Haufen Delegierter (wie viele eigentlich?) ist nach Polen geflogen, um einen Minimalkonsens zu beschließen, an den sich kaum ein Land halten wird (allen voran Österreich). Es hätte für das Klima mehr gebracht, wenn die Delegierten zu Hause geblieben wären. Während von der österreichischen Nachhaltigkeitsministerin (das heißt wirklich so!) Köstinger Lippenbekenntnisse zum Klimaschutz kommen, unternimmt Doch-nicht-Bundespräsident Verkehrsminister Hofer Anstrengungen, dass man auf Österreichs Autobahnen schneller fahren darf. (Wenn man weniger lange unterwegs ist, ist das sicher auch besser fürs Klima.) Und Heimatrapper Vizekanzler HC-Man (Strache) bezweifelt, ob der Mensch an der derzeitigen Klimaerwärmung schuld ist. Es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis der erste Regierungspolitiker behaupten wird, die Erde sei flach. Manchmal fühle ich mich wie in einem Roman von Franz Kafka.

23. Sep. 2018: Astronomischer Herbstbeginn

Es ist noch einmal spätsommerlich geworden. Pünktlich zum astronomischen Herbstbeginn kommt jetzt ein Kälteeinbruch. Das letzte Freibad in Salzburg schließt heute seine Pforten.

8. Sep. 2018: Herbst

Der August hat uns dann doch mit einer längeren hochsommerlichen Schönwetterphase beglückt. Doch mit dem Wochenende 25./26. Aug. war sie schlagartig wieder vorbei: teils ergiebige Schneefälle bis in mittlere Tallagen, 10 cm Schnee etwa in Bad Gastein. Aber nächste Woche soll es noch einmal sommerlich werden. Mal sehen…

8. Juli 2018: Sommer

Irgendwo war dies sicher der heißeste Juni seit Napoleons Russlandfeldzug. Hier in Salzburg aber nicht. Hochsommerliche Temperaturen haben wir bisher nicht gehabt. Das Schuljahr ist zu Ende, meine Lieben genießen ihre (natürlich wohlverdienten) Ferien. Ich habe noch drei Wochen zu roboten.

1. Mai 2018: Frühling

Schien es im März noch so, als wolle der Winter gar kein Ende nehmen, brach im April der Frühsommer mit Wucht über uns herein: Mitte April 30° in Freisaal (in der Stadt Salzburg). Innerhalb einer Woche blühten die Magnolien auf und verblühten wieder, und die Bäume und Sträucher schossen ins Grün. Sogar der Flieder begann zu blühen und war Ende April schon wieder am Verblühen. Ein erschreckend kurzer Frühling!

2. Apr. 2018: Winter ohne Ende /2.

Die letzte Februarwoche brachte die tiefsten Temperaturen, die bei uns jemals im Februar gemessen wurden, bis unter -25° in Ortschaften. Im letzten Märzdrittel dann noch einmal tagelang Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt. Und immer wieder Schneefall. Der bereits entfernte Split musste wieder auf die Radwege ausgebracht werden. Zum Heulen.

18. Feb. 2018: Winter ohne Ende

Dieser Winter hat früh begonnen: bereits in der ersten Septemberhälfte hat es mehrmals bis in Mittelgebirgslagen heruntergeschneit. Nach ein paar wärmeren Tagen im Oktober hat uns der Winter seit November mit zwar nicht extremen, aber konstanten Temperaturen im Griff (nicht einmal der gewohnte vorweihnachtliche Wärmeeinbruch hat stattgefunden). Und was in diesem Winter schon an Schnee gefallen ist, ist für uns Radfahrer echt nicht mehr lustig. Ein Dank an die Gemeindeväter von Elsbethen und Puch, die den Geh- und Radweg entlang der Salzach jetzt räumen lassen.

Darüber habe ich sogar vergessen, Rückschau zu halten auf das abgelaufene Jahr. In Österreich gab es Nationalratswahlen, bei denen die Bevölkerung für eine starken Rechtsruck votiert hat. Jetzt kommen wir doch noch in den Genuss dessen, was uns Norbert Hofer, nunmehr Infrastrukturminister, bei seiner Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten angedroht hat.

(Ab hier ganz alter Senf)

23. Mai 2014: Das ist mir nicht Wurst

Conchita Wurst hat den Eurovisions-Songcontest gewonnen und die heimische Presse feiert Österreich als Hort der Liberalität. (Dass ich nicht lache!) Und die linke Reichshälfte nutzt die positive Stimmung, um wieder einmal das Thema der Rechte der Homosexuellen hochzukochen. Dabei merkt sie nicht, dass sie, indem sie die Abschaffung der Normalität betreibt, immer mehr Menschen den rechten Populisten in die Arme treibt. Oder bin ich der einzige, der Frauen mit Bart seltsam findet?

6. Okt. 2013: „Freiheitliche“ Partei

Die Österreicher haben gewählt und ich fasse es nicht: die FPÖ unter H. C. Strache hat mehr als zwanzig Prozent. Jene Partei, die „Nächstenliebe“ sagt, wenn sie Fremdenhass meint. Die die Verdrehung politischer Begriffe betreibt, wie sie Vaclav Havel in seinem Versuch, in der Wahrheit zu leben für die kommunistischen Machthaber der ČSSR beschreibt. Und die ÖVP versucht jetzt, den Preis für eine neue Große Koalition in die Höhe zu treiben, indem sie mit einer möglichen Koalition mit dieser FPÖ kokettiert. Mich widert das alles so an.

26. Feb. 2013: They did it again

Die Italiener haben gewählt und ich fasse es nicht: sie haben zum dritten Mal (ich wiederhole: zum dritten Mal) Silvio Bunga Bunga Berlusconi gewählt. Mir tut vom vielen Kopfschütteln schon der Nacken weh. Mario Monti, der das Vertrauen in die italienische Wirtschaft wiedergewonnen hatte, ist abgewählt worden. Mir ist schon klar, dass Sparen nicht lustig ist. Und man kann darüber streiten, ob es der beste Weg ist, die Finanzen des Staates in Ordnung zu bringen. Aber dass so viele Italiener die haltlosen Versprechungen des 76jährigen Cavaliere geglaubt haben, macht mich sprachlos. Besuchen Sie Italien – solange es noch steht.

13. Aug. 2012: Olympische Schande

Die entbehrliche, alle zwei Jahre stattfindende Sportgroßveranstaltung ist endlich zu Ende. Nachdem sich die Finanzhaie in London „gesundgestoßen“ haben, sind jetzt die Immobilienspekulanten dran. Aber die Ungerechtigkeiten im Vorfeld der Spiele (Enteignung kleiner Grundbesitzer gegen ein Butterbrot) werden ebenso schnell vergessen sein, wie der Umstand, dass die Olympiade vor vier Jahren in Peking mitnichten zu mehr Meinungsfreiheit, Demokratie oder einer Verbesserung der Menschenrechtssituation in China geführt hat. Aber seien wir ehrlich: das hat kein intelligenter Mensch wirklich geglaubt.

Jener fragwürdige Schweizer Verein, der für die Vergabe der Spiele verantwortlich ist, zeigt auf seiner eigenen Website, wie wenig er von Meinungsfreiheit hält: „You may create your own link to the Site, provided that your link is in a text-only format. You [...] agree that no such link shall portray us or any other official London 2012 organisations (or our or their activities, products or services) in a false, misleading, derogatory or otherwise objectionable manner.“ Keine Sorge, auf so einen Verein setze ich keine Links, nicht einmal abfällige!

Dass Dabeisein gar nichts ist und nur der Sieg zählt, war schon bei den Olympischen Spielen der Antike so (da gab es nicht einmal eine Silbermedaille). Mit Völkerverständigung haben die Medaillenspiegel, die ständig vorrechnen, welches Land wieviele Medaillen errungen hat, auch nichts zu tun. Und trotz negativer Dopingprobe kann ich in einigen Fällen nur schwer glauben, dass der Sportler bzw. die Sportlerin auch wirklich ungedopt war (wenn auch mit Zeug, das erst in ein paar Jahren verboten sein wird).

15. Mai 2012: Wer muss wen wovor schützen?

In einem in den Salzburger Nachrichten am 14. Mai 2012 veröffentlichten Interview sagte der renommierte Ägyptologe Jan Assmann (online einsehbar):

„Der säkulare Staat hat die Aufgabe, den in ihm wohnenden religiösen Menschen einen Entfaltungsraum gegenseitiger Respektierung zu geben. Der säkulare Staat darf nicht zulassen, dass auf seinem Rechtsgebiet Religionen verunglimpft werden.

Ich empfinde es als töricht, dass die Presse in Dänemark die Muhammad-Karikaturen begrüßt hat als Fanal, als Leuchte der Pressefreiheit. Die Muhammad-Karikaturen erfüllen den Tatbestand der Beleidigung. Der Staat muss aber darauf achten, dass niemand beleidigt wird. Da haben wir noch viel zu lernen, was den gegenseitigen Respekt angeht.“

Dem möchte ich energisch widersprechen: der säkulare Staat hat vor allem die Aufgabe, die Freiheitsrechte seiner Bürger zu schützen. Dazu gehört auch das Recht, Kritik zu üben; auch unsachliche Kritik (welcher Kritisierte wird die Kritik nicht als unsachlich empfinden?); auch Kritik in Form von Spott und Karikatur. Ich bin als Christ natürlich nicht amused, wenn sich jemand über Jesus Christus oder den christlichen Glauben lustig macht – aber das Recht dazu muss man haben. Dass Gerhard Haderer für sein Jesus-Buch in Griechenland in erster Instanz zu sechs Monaten Haft verurteilt wurde, ist mehr als nur peinlich: es ist eines säkularen Rechtsstaates unwürdig. (Die älteste bildliche Darstellung Jesu ist übrigens eine Karikatur: das Spottkruzifux vom Palatin.)

Auf die Befindlichkeit radikaler Muslime Rücksicht nehmen zu müssen wäre eine nicht hinnehmbare Einschränkung der Meinungsfreiheit, weil – wie Dieter Nuhr es formuliert – die immer gleich so radikal beleidigt sind. Und tatsächlich waren die vielen gewälttätigen oder gewaltandrohenden Reaktionen der Muslime in aller Welt weit überzogen. Das Traurige an den Karikaturen ist ja, dass sie mehr als nur ein Körnchen Wahrheit enthalten. Dabei sind Zeitungen in islamischen Ländern bekanntermaßen auch nicht gerade zimperlich, wenn es darum geht, Juden zu verunglimpfen. Vergessen wir nicht die Todesfatwa gegen Salman Rushdie oder gerade eben gegen den Rapper Shahin Najafi. Der säkulare Staat hat hier die Pflicht, die Bürger gegen das Beleidigtsein der Muslime in Schutz zu nehmen.

Und der schweigenden muslimischen Mehrheit, die angeblich nicht mit den Islamisten in einen Topf geworfen werden will, sei gesagt: dann muss sie aufhören zu schweigen, denn wer schweigt, scheint zuzustimmen.

11. Sep. 2010: 9/11 und kein Ende

Die Ankündigung des fundamentalistischen christlichen Pastors Terry Jones, am Jahrestag von 9/11 Koranausgaben verbrennen zu wollen, hat unglaublich viel Staub aufgewirbelt. Ich bin dagegen, Bücher welcher Art auch immer zu verbrennen (ausgenommen alte Telefonbücher). Aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir die falschen Fragen diskutieren. Wenn man sich ansieht, wie mau es um die Religionsfreiheit von Nicht-Muslimen in vielen islamischen Ländern bestellt ist, kann man die beabsichtigte Koranverbrennung nur als Nullmeldung betrachten: einfach nicht hingehen.

Wenn ein Mufti in Arabien Bibeln verbrennen wollte, würde das keinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken. Amerikanische Fahnen werden ja am laufenden Meter abgefackelt. Hier wird doch mit zweierlei Maß gemessen! Auch das Ansinnen, am Ground Zero ein islamisches Zentrum zu errichten, ist doch eine Ohrfeige ins Gesicht der Angehörigen der Opfer (so wie die geschmacklose Idee der Katholiken, im KZ Ausschwitz ein großes Kreuz zu errichten). Es fällt mir als Nicht-Muslim schwer, das anders zu deuten als: „Wir haben das Gebäude zum Einsturz gebracht, und jetzt bauen wir dort noch eine Moschee – Islam rulez.“ Aber vielleicht könnte man zum Ausgleich eine Kirche im Zentrum von Riad oder Teheran errichten?

Die Koranverbrennung hat natürlich nicht stattgefunden. Zu groß war der Druck der Politik, zu groß die Angst, dass im Gegenzug in islamischen Ländern westliche Botschaften brennen würden, Christen massakriert würden oder Ähnliches. Keine Frage: Pastor Terry Jones ist ein Idiot. Aber Tausende Muslime weltweit stehen ihm in nichts nach.


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 16. März 2024