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Lutetia, Paris


Im Zuge der Vorbereitungen zu einer Parisreise (die dann aber leider nicht stattgefunden hat) habe ich mich ein bisschen in die Geschichte von Paris eingelesen, bin dabei aber über die Antike nicht wesentlich hinausgelangt. Insbes. hat mich die Frage nach dem antiken Namen dieser Stadt und den Quelltexten dazu beschäftigt. Die Ergebnisse lege ich hier vor. Meine Quellen waren u.a.:

Nestmeyer, Ralf: Paris.- 4. vollst. überarb. Aufl.- Erlangen: Müller, 2005. (MM-City) 224 S.
Öffnungszeiten, Eintrittspreise, Menüempfehlungen, aber für meinen Geschmack zu wenig historische Informationen.
Reincke, Madeleine u.a.: Baedeker Paris.- 15. Aufl.- Ostfildern: Baedeker, 2009. (Allianz Reiseführer) 325 S., 1 Faltplan
Viel Information, aber auch etliche Fehler.
Knaurs Kulturführer in Farbe Paris und Île de France.- Hrsg. v. Marianne Mehling.- München: Droemer Knaur, 1986. 260 S.
Reich bebilderter Kulturführer (keine Restaurants, keine Öffnungszeiten), dessen Aufbau (mehrere Kapitel, innerhalb derer die Lemmata alphabet. geordnet sind) das Finden nicht wirklich leicht macht.
Leglay, M[arcel]: Lutecia Parisiorum. in: Der Kleine Pauly, Bd. 3.- München: Dt. Taschenbuch Verl., 1979.
Der Starter zum Thema antikes Paris.
Déal, Jean Nicolas: Dissertation sur les Parisii ou Parisiens, et sur le culte d'Isis chez les Gaulois.- Paris: Didot, 1826.
Verdanke ich einige Hinweise. Herunterladbar bei Google Books..
Gröhler, Hermann: Die Entwickelung französischer Orts- und Landschaftsnamen aus gallischen Volksnamen.- Breslau: Nischkowsky, 1906.
Parisii auf S.35f, einsehbar bei Google Books.
Paris, ville antique (auch auf Englisch verfügbar)
Aufwendig gemachte Seite mit 3D-Rekonstruktionen über das römische Paris.
Thirza Vallois: Ancient Paris: Looking for Lutetia. France Today, 19. Nov. 2009
Gute Zusammenfassung über den Stand der archäolog. Forschung über das antike Paris.
Diverse Wikipedia-Artikel
z.B. Geschichte von Paris, Lutetia, Seine, Bièvre (Fluss), Île de la Cité, Île Saint-Louis, Île Louviers, Place Dauphine, Montagne Sainte-Geneviève, Montmartre, Arènes de Lutèce, Liste der Pariser Arrondissements und Quartiers, Dionysius von Paris, Genoveva von Paris, Hilduin von Saint-Denis, Nautes, Tabula Peutingeriana, Itinerarium Antonini, Codex Theodosianus, Nautae Parisiaci, Misopogon, u.a.m.

Gallien in röm. Zeit: Lutetia, Hauptstadt der Parisii, nahe dem Zusammenfluss von Sequana (Seine) und Matrona (Marne), umgeben von anderen kelt. Stämmen wie Senones, Carnutes, Eburovices, Veliocasses, Bellovaci, Meldi. Geringfügig bearbeiteter und verkleinerter Ausschnitt aus der Karte Reference Map of the European Provinces of the Roman Empire aus dem Historical Atlas von William R. Shepherd (1911). Lizenz: Gemeinfrei. Quelle: Perry-Castañeda Library Map Collection (Courtesy of the University of Texas Libraries, The University of Texas at Austin).

Lutecia vor den Römern: im Norden Wald, in Ufernähe Sumpfland (marais); auf der Île de la Cité die Hütten der Gallier; im Süden steigt das Gelände zur Montagne Sainte-Geneviève an, östl. davon fließt die Bièvre (heute unterirdisch). (Die Karte ist als schematische Darstellung zu verstehen: in der Antike hatte die Seine keine so klaren Grenzen, es gab Nebenbetten, temporäre Inselchen usw.) Verkleinerter Ausschnitt aus der Karte Lutèce ou premier plan de la ville de Paris von Jean Baptiste Bourguignon d'Anville (1705). Lizenz: Gemeinfrei (laut Quelle). Quelle: Wikimedia

Nachbildung des Nautenpfeilers (Musée du Moyen Âge). Foto von Marsyas, 2006. Lizenz: GFDL und Creative Commons Attribution ShareAlike. Quelle: Wikimedia.

Widmungsinschrift des Nautenpfeilers (Detail aus voriger Abb.)

Arènes de Lutèce, Arena und Zuschauerreihen auf der Nordseite. Am linken Bildrand (zur Rue Monge hin) sieht man, dass der Zuschauerraum unterbrochen war, dort befand sich ein Bühnenhaus. Verkleinerter Bildausschnitt eines Fotos von LPLT (2008). Lizenz: Gemeinfrei. Quelle: Wikipedia.

Luteci (Paris) auf der Tabula Peutingeriana. Bildausschnitt aus der Faksimilieausgabe von Konrad Miller (1887), einige Ortsnamen von mir farblich hervorgehoben. Lizenz: Gemeinfrei. Quelle: Wikimedia. Das Original bei ÖNB Bildarchiv / euratlas.net (Luteci findet sich ziemlich weit oben, ganz am rechten Rand des Ausschnitts; die letzten beiden Buchstaben sind leider genau unter einer Bohrung [in der Acrylplatte?].)

Die Lage der Orte auf einer modernen Karte Frankreichs (300px-Version der France relief location map von Eric Gaba [Wikimedia Commons user: Sting]. Lizenz: Creative Commons Attribution Share-Alike. Quelle: Wikimedia.)

Paris entsteht an der Kreuzung des von Südost nach Nordwest (von Burgund an die Kanalküste) verlaufenden Wasserwegs von Seine und Marne (welch letztere kurz vor Paris in die Seine mündet) und einer ungefähr von Nord nach Süd (von der Nordsee nach Spanien) verlaufenden Landstraße. Hier liegen ursprl. etwa sieben Inseln in der Seine.

Die Inseln sind (von Ost nach West):

Eine weiter flussabwärts gelegene Gruppe von Inseln (ungefähr am Branly Quai) wurde zur Île des Cygnes (oder Île aux Cygnes, auch Île Maquerelle genannt) verbunden. Ende 18./ Anfang 19. Jh. wurde die langgestreckte Insel mit dem linken Seineufer verschmolzen. Die heutige Île des Cygnes ist ein 1825 künstlich aufgeschütteter Damm.

Im 3. Jh. v.Chr. besiedelt ein vermutlich keltischer Stamm, die Parisier, eine dieser Inseln, wahrscheinlich die heutige Île de la Cité. 52 v.Chr. erobert Cäsars General Labienus diese Siedlung, die bei Cäsar Lutecia (Parisiorum), bei Strabon Λουκοτοκία (Lukotokía), bei Ptolemäus (Παρισίων) Λουκοτεκία (Lukotekía) heißt.

Anscheinend ist eine vorrömische gallische Besiedlung der Île de la Cité archäologisch nicht belegt, weshalb auch über andere Lokalisierungen für Lutecia spekuliert wird. Solange es aber keine anderweitige archäologische Evidenz gibt, bleibt die Île de la Cité der plausibelste Kandidat.

Gaius Julius Caesar, 100-44, römischer Politiker und Heerführer, Asterix-Lesern nicht unbekannt:
Caes. Gall. 6,3,4: concilium Luteciam Parisiorum transfert. er verlegte die Zusammenkunft nach Lutecia der Parisier.
Caes. Gall. 7,57,1: ... Luteciam proficiscitur. id es oppidum Parisiorum, positum in insula fluminis Sequanae. ... brach er nach Lutecia auf. Das ist eine Stadt der Parisier, auf einer Insel des Flusses Sequana gelegen.
Eroberung durch Cäsars Armee: Caes. Gall. 7,57-62.
Man beachte, dass es korrekt Lutecia heißt. Die aus Asterix geläufige Schreibung Lutetia stammt aus einer Zeit, als beides ungefähr [lu'tetsja] ausgesprochen wurde (vgl. condicio vs. Kondition).

Strabon aus Amaseia in Pontos, ca. 64 v.-24 n.Chr., griechischer Historiker und Geograph:
Strab. 4,3,5 (= C.194 = A.297): περὶ δὲ τὸν Σηκοάναν ποταμόν εἰσι καὶ οἱ Παρίσιοι, νῆσον ἔχοντες ἐν τῷ ποταμῷ καὶ πόλιν Λουκοτοκίαν. Am Fluß Sequana sind auch die Parisier, die eine Insel im Fluß und die Stadt Loukotokia haben.
(Text nach der Ausgabe von Gustav Kramer, Berlin 1844, einsehbar beim Internet Archive.)

Claudius Ptolemäus, ca. 100-175, griechischer Mathematiker, Geograph und Astronom:
Ptol. 2,8,13: ὑφ’ οὓς Παρίσιοι καὶ πόλις Παρισίων Λουκοτεκία unterhalb von diesen [den Karnuten, d.h.: südlich von ihnen?] Parisier und die Stadt Loukotekia der Parisier
(Text nach der Ausgabe von Karl Friedrich August Nobbe, Leipzig 1843, einsehbar beim Internet Archive.)

Das 1905 (oder 1907) entdeckte Element mit der Ordnungszahl 71 wurde von seinem Entdecker, dem Pariser Georges Urbain, Lutecium getauft. (1949 wurde die Schreibung in Lutetium geändert.)

Zur Etymologie dieses Namens habe ich etliche Spekulationen gefunden, die alle davon ausgehen, dass der Name keltisch ist. Keine der Erklärungen ist aber so überzeugend, dass diese Annahme als bewiesen gelten darf.

Die Römer errichten auf dem linken (südl.) Seineufer (rive gauche) ein römisches Oppidum (im Bereich des Quartier Latin). Nord-Süd-Hauptverkehrsachse (cardo maximus) ist der Verlauf der Römerstraße von Orléans nach Soisson durch die Stadt, heute Rue Saint-Jacques/ Rue de la Cité. Parallel dazu verläuft die sog. untere Straße (via inferior, verballhornt zu rue d'enfer, einem alten Namen des südlichen Teils der Rue de la Harpe), heute Boulevard Saint-Michel/ Rue de la Harpe. Nur spärliche Überreste dieser Besiedlung sind heute noch zu sehen:

Die Seite Paris, ville antique und Leglay berichten überdies von weiteren Thermen beim Collège de France, sowie südlich des Forums an der Rue Gay-Lussac; einem Theater, ausgegraben in den Kellerräumen des Lycée Saint-Louis (Bd. Saint-Michel); Resten eines Aquädukts, der Wasser aus dem Süden brachte. Lokalisieren lässt sich noch das Forum, das sich auf dem Gipfel der Montagne Sainte-Geneviève befand (zwischen Bd. Saint-Michel und Rue Saint-Jacques, ungefähr auf Höhe der Rue Sufflot, unweit des Panthéon).

Die Widmungsinschrift auf dem Nautenpfeiler lautet (soweit ich auf der Abb. bei Paris Ville Antique erkennen konnte):
TIB CAESARE
AUG IOVI OPTUM|[O]
MAXSUMO
NAUTAE PARISIAC[I]
[P]UBLICE POSIER[U]|N[T]
Unter Kaiser Tiberius Caesar haben dem Besten Größten Jupiter die Schiffsleute von Paris (diesen Pfeiler) öffentlich aufgestellt.
Viele Übersetzer fassen Caesare nicht als Abl., sondern als unklassischen Dat.: Dem Tiberius Caesar Augustus (und) dem Besten Größten Jupiter haben [...].

Die antiken Pariser leben von Fischfang und Handel. Die Flussschiffer (die nautae Parisiaci, die Stifter des Nautenpfeilers) sind es wohl auch, die Paris Wappen (ein Schiff mit geblähtem Segel) und Motto geben: Fluctuat nec mergitur. Sie schwankt, aber sie geht nicht unter.

Das Christentum kommt wohl um 250 mit Dionysius (franz. Denis), dem ersten Bischof von Paris, der zusammen mit zwei anderen Christen auf dem Montmartre enthauptet wird. Daher soll der höchste Hügel in Paris seinen Namen haben: mons martyrum Berg der Märtyrer. (Der Überlieferung nach wurde er dort begraben, wo sich heute die Kathedrale Saint-Denis erhebt.)

Ursprl. soll er mons Martis Berg des Mars oder mons Mercurii Berg des Merkur geheißen haben, da auf dem Berg ein Tempel des Mars und einer des Merkur gestanden haben soll.
Hilduin, Passio Sancti Dionysii, 36: in colle, qui antea mons Mercurii, quoniam inibi idolum ipsius principaliter colebatur a Gallis, nunc vero mons Martyrum vocatur. [So ungefähr; der Scan, auf den auch der Link verweist, ist schwer lesbar.] auf dem Hügel, der vormals Berg des Merkur [genannt wurde], weil dort ursprünglich ein Götzenbild von ihm selbst von den Galliern verehrt wurde, jetzt aber Berg der Märtyrer genannt wird.
(Text nach Migne, PL 106, Sp. 50, herunterladbar bei Documenta Catholica Omnia.)

Nach den Geschichtsbüchern wurde Paris 280 von Germanen zerstört. Quellen?

Während seines Feldzuges gegen die Germanen verbringt Julian Apostata mehrere Winter in Lutecia. 360 wird er dort von seiner Legion zum Kaiser ausgerufen. In den Texten aus dieser und über diese Zeit heißt die Stadt Lutecia, Luticia, Lutetia, Λευκετία (Leuketía) oder (erstmals bei Ammianus Marcellinus) Parisii, Παρίσιον (Parísion).

Das Itinerarium Antonini ist ein Verzeichnis von Straßenverbindungen mit Entfernungsangaben, vermutl. aus dem 3. Jh. [der Antonine im Titel wird üblicherweise mit Kaiser Caracalla identifiziert]:
Itin. Ant. 366,5f: Ab Augustoduno Luticia Parisiorum mpm CLXXXVII (Luticia: v.l. Lutitia, Lutetia, Lutecia; mpm = milia plus minus) Augustodunum (Autun) - Luticia der Parisier: ca. 187 Meilen
(Text nach der Ausgabe von Gustav Parthey und Moritz Pinder, Berlin 1848, einsehbar bei Internet Archive.)

Flavius Claudius Iulianus, genannt Apostata, 331-363, seit 360 römischer Kaiser. Μισοπώγων ("Barthasser") ist eine Spottschrift auf die Bewohner von Antiochia, verfasst 362:
Iul. Misopogon 5: ἐτύγχανον ἐγὼ χειμάζων περὶ τὴν φίλην Λουτεκίαν· ὀνομάζουσι δὲ οὕτως οἱ Κελτοὶ τῶν Παρισίων τὴν πολίχνην· ἔστι δὲ οὐ μεγάλη νῆσος ἐγκειμένη τῷ ποταμῷ, καὶ αὐτὴν κύκλῳ πᾶσαν [τὸ] τεῖχος καταλαμβάνει, ξύλιναι δὲ ἐπ’ αὐτὴν ἀμφοτέρωθεν εἰσάγουσι γέφυραι [..] Ich überwinterte gerade bei [od. in] meinem lieben Lutekia; so nennen die Kelten das Städtchen der Parisier. Es ist eine nicht große Insel, im Fluß liegend, und eine Mauer umfasst sie ringsum zur Gänze. Hölzerne Brücken führen zu ihr von beiden Seiten [..]
(Text nach der zweisprachigen Ausgabe von Friedhelm Müller, Stuttgart 1998, teilweise einsehbar bei Google Books. Eine andere Ausgabe, deren Hrsg. nicht erkennbar wird [der griech. Text beruht laut Vorrede auf der Ausg. von Spanheims, Leipzig 1696] und die bei Google Books heruntergeladen werden kann, hat Λευκετίαν, was mir plausibler erscheint als die Konjektur bei Müller, die nur eine brave Gräzisierung das lat. Namens ist.)

Ammianus Marcellinus aus Antiochia am Orontes, 330-395/400, Offizier und Historiker (res gestae):
Amm. 17,2,4: hisque perfectis acturus hiemem revertit Parisios Caesar. Und nachdem dies ausgeführt war, kehrte Caesar nach Paris zurück, um den Winter zu verbringen.
Amm. 17,8,1: At Caesar hiemem apud Parisios agens [..] Aber Caesar, der den Winter bei den Parisiern (bei Paris) verbrachte [..]
Amm. 20,4,11: placuit [..] per Parisios omnes transire er beschloss [..], dass alle durch das Gebiet der Parisier (durch Paris) hindurchziehen
Ammianus nennt die Stadt "Parisii" (Gebiet der) Parisier und konstruiert dieses Wort teils wie einen Völkernamen (apud), teils wie einen Gebietsnamen (per) und teils wie einen Ortsnamen (Richtungsakk. ohne Präp.). Nur an einer Stelle (15,11,3) spricht Ammianus von Lutetia.
(Text von The Latin Library.)

Auf der Tabula Peutingeriana, einer vermutl. auf das 4. Jh. zurückgehenden Straßenkarte, ist Paris unter dem Namen Luteci verzeichnet. (s.Abb.: weitere Orte in der Umgebung von Luteci sind Autricum (Chartres), Cenabo (Cenabum Aureliani = Orléans), Casaromago (Caesaromago = Beauvais), Aug. Suessorum (Augusta Suessionum = Soissons) und Aquis Segeste (??)). Die Parisi, die zwischen Veteribus (Castra Vetera = Birten) und Atuaca (Aduatuca Tungrorum = Tongern in Belgien) eingezeichnet sind, sind ziemlich disloziert. Unverzichtbarer Namensindex zur Tab. Peut.: www.mw-seite.de

Der Codex Theodosianus ist eine Gesetzessammlung, von Theodosius II. 429 in Auftrag gegeben, 438 fertiggestellt. Im folgenden werden die "Aktenvermerke" von drei Gesetzen, die von Valentinian und Valens im Nov. und Dez. 365 erlassen wurden, zitiert:
Cod. Theod. 8,1,11: Dat. prid. id. Dec. Parisiis Valentiniano et Valente AA. conss. Gegeben am 12. Dez. zu Paris unter dem Konsulat der beiden Kaiser Valentinianus und Valens
Cod. Theod. 10.19.3: Dat. IIII id. Decemb. Parisis Valentiniano et Valente AA. conss. Gegeben am 10. Dez. zu Paris unter dem Konsulat der beiden Kaiser Valentinianus und Valens
Cod. Theod. 11.1.13: Dat. XV Kal. Nov. Parisis Gegeben am 18. Okt. zu Paris
(Text von Buch 8 nach nach der Ausgabe von Theodor Mommsen und Paul Meyer, Berlin 1905, einsehbar bei der Uni Grenoble, Buch 10 Uni Grenoble und Buch 11 Uni Grenoble, aus einer anderen [nicht genauer genannten] Quelle.)

Zosimus, byzantin. Historiker, schrieb Ende 5./ Anfang. 6. Jh. seine Historia Nea:
Zos. 3,9: Ἰουλιανοῦ δὲ ἐν τῷ Παρισίῳ (Γερμανίας δὲ αὕτη πολίχνη) διατρίβοντος [..] Während Julianus sich in Paris (das ist ein Städtchen Germaniens) aufhielt [..] (Der Nom. lautet wohl Παρίσιον.)
(Text nach der Ausgabe von Immanuel Bekker, Bonn 1837, einsehbar beim Internet Archive.)

Für die im Wikipedia-Artikel Paris (Stand: 2. Januar 2010) geäußerte (und durch die zahllosen Wikipedia-Ableger im Netz allgegenwärtige) Behauptung, „die Stadt wurde im römischen Reich als Civitas Parisiorum oder Parisia bekannt“, konnte ich keinen Beleg finden. Am nächsten kommt dem noch die einmal bezeugte Parisea civitas.

Einleitung einer Bekenntnisschrift der Bischöfe Galliens aus dem Jahr 360, überliefert im Werk des Hilarius von Poitiers, 315-367, Bischof und Kirchenlehrer:
Hil. frag. Aqu. 11: Incipit fides catholica exposita apud Pariseam civitatem ab episcopis Gallicanis ad orientales episcopos. Es beginnt das allgemeine Glaubensbekenntnis, dargelegt bei der parisischen Stadt von den Bischöfen in Gallien, an die Bischöfe des Ostens.
(Mir war nur der Text von Migne, PL 10, Sp. 710 zugänglich, wo er als Fragment 11 der Fragmenta Ex Libro Provinciae Aquitaniae gezählt wird, einsehbar bei Documenta Catholica Omnia. PL schreibt Fariseam [Parisiam in der Fußnote]; Déal zitiert es als Pharisea civitas; das HLL 5 (1989) § 581.12 [einsehbar bei Google Books] schreibt Pariseam [die Stellenangabe lautet Hil. coll. antiar. A 1]; Gröhler schreibt Parisiam.)

Als 451 die Hunnen in Gallien einfallen und Metz, Reims, Amiens und Beauvais brandschatzen, fordert die Nonne Genoveva (od. Genovefa, franz. Geneviève) die Frauen von Paris auf, mit ihr zusammen für die Rettung zu beten. Und tatsächlich ziehen die Hunnen an Paris vorbei, um bald darauf in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern besiegt zu werden. So wird Genoveva zur zweiten Schutzheiligen von Paris (neben dem Hl. Dionysius).

Seit den 60er-Jahren errichten der Heermeister (magister militum) Aegidius und dann sein Sohn Syagrius zwischen Loire und Somme ein gallo-römisches Reich, das auch nach dem Untergang des Weströmischen Reiches 476 weiterbesteht. 486 besiegt der Frankenkönig Chlodwig den Syagrius bei Soissons. Paris gehört nun zum Frankenreich, die Zeit des römischen Gallien ist vorbei, das Mittelalter beginnt.

Gregor von Tours (538-594), Bischof von Tours nennt in seinen Decem libri historiarum (auch Historia Francorum genannt) die Stadt Parisius (undekl.): Parisius venit er kam nach Paris, raro Parisius visitans selten Paris besuchend, circa Parisius um Paris herum, Parisius abiit er ging aus Paris weg, und vor allem: apud Parisius in Paris. Ab dem 4. Buch zunehmend auch urbs Parisiaca: in urbe Parisiaca, apud urbem Parisiacam in der parisischen Stadt, ad urbem Parisiacam zur parisischen Stadt usw.


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 22. Mai 2016