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Konjunktiv im Hauptsatz


Der Konjunktiv drückt im Gegensatz zum Indikativ etwas bloß Gedachtes, nur in der Vorstellung des Sprechers Existierendes aus, und zwar als:

1. Begehrender Konjunktiv

Negation , Fortsetzung nēve.

a. Wunsch - coniūnctīvus optātīvus

Oft mit utinam eingeleitet:

i) Erfüllbar gedachter Wunsch der Gegenwart: Konj. Präs.
Sit tibi terra levis! Die Erde sei dir leicht! Die Erde möge dir leicht sein!

ii) Erfüllbar gedachter Wunsch der Vergangenheit: Konj. Perf.
Utinam vērē dīxerim! Möge ich doch wahr gesprochen haben!

Fast immer mit, negiert meist ohne utinam:

iii) Unerfüllbarer Wunsch der Gegenwart: Konj. Imperf.
Utinam frāter vīveret! Ach lebte der Bruder doch! Würde der Bruder doch leben!

iv) Unerfüllter Wunsch der Vergangenheit: Konj. Plupf.
mortuus esset! Wäre er doch nicht gestorben!

b. Einräumung - coniūnctīvus concessīvus

Ein coni. optātīvus erhält durch einen negierten folgenden Satz oft den Charakter einer Einräumung:

i) Einräumung der Gegenwart: Konj. Präs.
Omnia possideat, nōn possidet āera Mīnōs. Mag er auch alles besitzen, die Luft besitzt Minos nicht.

ii) Einräumung der Vergangenheit: Konj. Perf.
Fuerit doctus, iūstus nōn fuit. Mag er auch gelehrt gewesen sein, gerecht war er nicht.

c. Aufforderung, Gebot

coniūnctīvus iussīvus

i) Aufforderung an die 3. Person: Konj. Präs.
Veniat! Er komme! Er soll kommen!
Amīcus nē īnfīdus sit! Ein Freund soll nicht untreu sein!

ii) Aufforderung an die 2. Person: Konj. Präs.
Taceātis! Ihr sollt schweigen! Schweigt! (=Tacēte!)

coniūnctīvus hortātīvus

iii) Aufforderung an die 1. Person: Konj. Präs.
Eāmus! Gehen wir! Laßt uns gehen!
dēspērēmus! Verzweifeln wir nicht!

coniūnctīvus prohibitīvus

iv) Verbot an die 2. Person: + Konj. Perf.
hoc dīxeris! Sag das nicht!

2. Konjunktiv der Nichtwirklichkeit

Negation nōn, Fortsetzung neque.

a. Möglichkeit, Nichtwirklichkeit

coniūnctīvus potentiālis

i) Möglichkeit der Gegenwart: Konj. Präs. oder Perf.
Dīcat (dīxerit) aliquis. Es mag wohl (könnte, wird vielleicht) jemand sagen.

ii) Möglichkeit der Vergangenheit: Konj. Imperf.
Crēderēs. Du hättest glauben können. Man konnte glauben.

coniūnctīvus irreālis

iii) Nichtwirklichkeit der Gegenwart: Konj. Imperf.
Numquam hoc dīceret. Er hätte das niemals gesagt.

iv) Nichtwirklichkeit der Vergangenheit: Konj. Plupf.
Id nōn dīxissem. Das hätte ich nicht gesagt.

b. Zweifelnde Frage (Sollfrage) - coniūnctīvus dubitātīvus/dēlīberātīvus

i) Sollfrage der Gegenwart: Konj. Präs.
Quid faciam? Was soll ich tun?

ii) Sollfrage der Vergangenheit: Konj. Imperf.
Quid facerem? Was hätte ich tun sollen?

Dieser Konj. ist eigentlich ein Potentialis (daher Negation nōn):
Quid faciam? = Ich tue (noch) nichts, aber falls ich etwas tun sollte (das ist möglich/denkbar = Potentialis), was könnte/sollte das sein?


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Änderung: 21. Juli 2016